So genannte Supervisionsleistungen sind nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL von der Umsatzsteuer befreit, wenn die Leistungen durch einen Privatlehrer erbracht werden und es sich um die Vermittlung von Kenntnissen im Rahmen der beruflichen Fortbildung handelt
(FG Münster, Urteil vom 12.3.2019, 15 K 1768/17 U).
Der Fall
Die Klägerin erbrachte in 2014 Supervisionsleistungen für verschiedene Institutionen. Vor Durchführung der Leistungen legte sie mit ihren Auftraggebern den Umfang der durchgeführten Sitzungen für deren Arbeitnehmer schriftlich und mündlich fest. Niederschriften über die erbrachten Supervisionsleistungen wurden dem Auftraggeber nicht übergeben, um zu gewährleisten, dass die jeweiligen Sitzungen innerhalb eines geschützten Rahmens ohne zu befürchtende Sanktionen des Auftraggebers stattfanden. Die Klägerin protokollierte die durchgeführten Sitzungen mit ihren wesentlichen Inhalten. Die Umsätze aus der Tätigkeit als Supervisorin behandelte sie in voller Höhe als nach § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei. Für 2014 vertrat das Finanzamt demgegenüber die Auffassung, dass für die Umsätze aus der Tätigkeit als Supervisorin weder eine Steuerbefreiung nach nationalen, noch nach unionsrechtlichen Vorschriften in Betracht komme. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich.
Die Begründung des FG
Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht von der Umsatzsteuer. Nach Auffassung des Gerichts handele es sich im Streitfall um eine dem Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL unterfallende Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler im Rahmen der beruflichen Fortbildung. Die Klägerin habe insbesondere durch Vorlage der Sitzungsprotokolle und Supervisionsvereinbarungen dargelegt, dass und wie sie professionelle Sozialarbeiter, Sozialpädagogen sowie andere in der Pflege tätige Arbeitnehmer schult und weiterentwickelt. Anhand der Darstellung der Klägerin sowie der von ihr überreichten Unterlagen sei ersichtlich, dass sie zunächst mit den Auftraggebern eine Absprache über Eckpunkte, beispielsweise Anzahl und Häufigkeit der Einheiten etc., und Inhalte der zu erbringenden Supervisionsleistungen trifft.
Die Klägerin habe ihre Tätigkeit auch als „Privatlehrerin“ im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL ausgeübt, da der Unterricht auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung erfolgte. Der Unterrichtende müsse lediglich bestimmte Mindestqualifikationen vorweisen; hierfür sei es nicht erforderlich, dass er ein Hochschulstudium absolviert oder die Befähigung zum Lehramt erworben hat.
Hinweis
Das Urteil ist kurz vor der Entscheidung des EuGH zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Fahrschulunterrichts ergangen (EuGH-Urteil vom 14.3.2019, Rs. C-449/17). Allerdings lässt das FG Münster erkennen, dass es den Fall ohnehin anders würdigen würde als den „Fahrschul-Fall“, denn die Leistungen der Klägerin stellen – anders als Fahrunterricht – nach Auffassung des FG „dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten“ im Sinne von Artikel 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL dar. Gleichwohl hat es die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Das FG Köln hat übrigens mit Urteil vom 23.9.2015 in einem ähnlichen Fall die Supervisionsleistungen ebenfalls als steuerfrei angesehen, die Revision seinerzeit aber nicht zugelassen (FG Köln, Urteil vom 23.9.2015, 9 K 1649/14).
Weitere Informationen:
- FG Münster v. 12.03.2019 – 15 K 1768/17 U
- EuGH v. 14.03.2019 – C-449/17
- FG Köln v. 23.09.2015 – 9 K 1649/14