In Zeiten der Corona-Krise bekommen steuerliche Randfragen plötzlich enorme Bedeutung. So lässt ein aktueller Vorlagebeschluss des FG Hamburg an den EuGH aufhorchen. Kurz gesagt geht es um die Frage, wann ein Mieter die Umsatzsteuer auf gestundete Mietzahlungen als Vorsteuer abziehen darf – bereits unmittelbar nach Ausführung der (monatlichen) Mietleistung oder erst nach tatsächlicher Zahlung der gestundeten Miete (FG Hamburg, Vorlagebeschluss vom 10.12.2019, 1 K 337/17, Az. des EuGH C-9/20)?
Konkret: Der Vorsteueranspruch eines Leistungsempfängers nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG entsteht bereits mit der Ausführung der Leistung und nicht erst mit der Entrichtung des Entgelts. Unerheblich ist, ob der Leistende Soll- oder Ist-Versteuerer ist. Das heißt, der Leistungsempfänger zieht die Vorsteuer ab, obwohl er die Leistung – zum Beispiel aufgrund einer Stundung – noch nicht bezahlt hat, während der Leistende die entsprechende Steuer noch nicht schuldet. Diese Regelung könnte dem Unionsrecht widersprechen, das in Art. 167 MwStSysRL vorsieht, dass der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers erst entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht; Ausnahmen für Leistungen von Ist-Versteuerern sind nicht vorgesehen. Die Frage der Vereinbarkeit der nationalen Regelung mit dem Unionsrecht hat das FG Hamburg nun dem EuGH im Wege des Vorabersuchens vorgelegt.
Da für den Steuerpflichtigen günstige Regelungen normalerweise nicht zu Klageverfahren führen und demzufolge auch keine Vorlagen an den EuGH auslösen, bedurfte es einer besonderen Konstellation. Diese war im Streitfall gegeben: Die Klägerin ist eine zur Umsatzsteuer optierende Vermietungsgesellschaft, die ein ihrerseits gemietetes Grundstück weitervermietete. Beiden Vertragsparteien war gestattet, die Steuer nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen. Die Mietzahlungen wurden der Klägerin teilweise gestundet, die Vorsteueransprüche machte sie immer erst geltend, wenn die Zahlung erfolgte. Diese Verfahrensweise wurde nach einer Außenprüfung beanstandet und die Vorsteuer nunmehr bereits im Zeitraum der Ausführung des Umsatzes – monatsweise Mietüberlassung – berücksichtigt. Infolge zwischenzeitlich eingetretener Verjährung konnte die Vorsteuer in den Änderungsbescheiden für vergangene Jahre nicht mehr berücksichtigt werden. Hiergegen richtete sich die auf den Unionsrechtsverstoß gestützte Klage.
Bis zur Antwort des EuGH wird sicherlich noch viel Zeit vergehen. Betroffene sollten bis dahin darauf achten, dass sie die Vorsteuer bei gestundeten Mietzahlungen nicht zu spät geltend machen.
Weitere Informationen:
FG Hamburg, Vorlagebeschluss vom 10.12.2019, 1 K 337/17, Az. des EuGH: C-9/20
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Schmalbach, Mietvertrag
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