Die Umstellung der Besteuerung von Kapitalerträgen auf das System der Abgeltungsteuer zum 1. Januar 2009 hat so einige Ungereimtheiten und Kuriositäten mit sich gebracht. Lange Zeit fraglich war auch, wie Stückzinsen im Zusammenhang mit Wertpapieren zu behandeln sind, wenn die Kapitalforderung vom Veräußerer vor dem 1. Januar 2009 erworben ist. Hierzu hat der BFH nun Stellung genommen – leider zuungunsten der Anleger und Sparer.
Hintergrund
Beim Verkauf von verzinslichen Wertpapieren erhält der Verkäufer so genannte Stückzinsen für die Zeit seit dem letzten Zinstermin. Diese vereinnahmten Stückzinsen waren bis 2008 als Kapitalertrag steuerpflichtig. Doch seit 2009 sind sie Teil des Veräußerungserlöses. Der Veräußerungsgewinn ist steuerpflichtig und unterliegt der Abgeltungsteuer – aber nur bei Wertpapieren, die seit 2009 gekauft wurden. Gleichwohl müssen die Stückzinsen gesondert berechnet und dem Käufer in Rechnung gestellt werden (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG). Doch was gilt bei Wertpapieren, die vor 2009 erworben wurden?
In diesem Fall bleibt aufgrund der Altregelung zwar der Veräußerungsgewinn nach einer Haltedauer von zwölf Monaten steuerfrei, dies soll aber nicht für die Stückzinsen gelten. Mit dem Jahressteuergesetz 2010 wurde rückwirkend ab 2009 bestimmt, dass auch bei Altanlagen die Stückzinsen steuer- und abgeltungsteuerpflichtig sein sollen, wenngleich auch der Veräußerungsgewinn selbst steuerfrei bleibe (§ 52a Abs. 10 Satz 7 EStG, jetzt § 52 Abs. 28 Satz 16, Halbsatz 2 EStG; BMF 22.12.2009, BStBl. 2010 I S. 94, Tz. 49).
Urteile des BFH
Mit zwei Urteilen vom 7.5.2019 hat der BFH entschieden, dass vereinnahmte Stückzinsen aus dem Verkauf von Altanleihen, die vor 2009 erworben wurden, ab 2009 auch dann steuerpflichtig sind und der Abgeltungsteuer unterliegen, wenn der Veräußerungsgewinn aus dieser Anleihe steuerfrei ist. Dies gilt auch für Stückzinsen, die vor der gesetzlichen Übergangsregelung in den Jahren 2009 und 2010 vereinnahmt wurden (BFH-Urteile vom 7.5.2019, VIII R 22/15 und VIII R 31/15).
Der BFH ordnet Stückzinsen, die seit dem 1.1.2009 zufließen bzw. zugeflossen sind, als Teil des Gewinns aus der Veräußerung einer Kapitalforderung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG ein. Die spätere Festschreibung der Steuerpflicht der Stückzinsen durch das JStG 2010 habe lediglich die bestehende Rechtslage klargestellt. Die Stückzinsen seien bis Ende 2008 und auch ohne die Regelung in § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 2 EStG i.d.F. JStG 2010 nach Einführung der Abgeltungsteuer und damit ab 2009 steuerpflichtige Kapitaleinkünfte gewesen.