§ 3b EStG regelt die Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit (SFN-Zuschläge). Klar ist, dass der Arbeitgeber nachweisen muss, dass der jeweilige Arbeitnehmer tatsächlich am Sonntag, einem Feiertag oder nachts gearbeitet hat, um in den Genuss der Steuerfreiheit zu kommen. Das ist letztlich Ausfluss der allgemeinen Beweisregeln. Doch wie so oft sind auch beim Thema „SFN-Zuschläge“ im Laufe der Jahre immer mehr fiktive Tatbestandsmerkmale „erfunden“ worden, die § 3b EStG „ausschmücken“. Sprich: Der Arbeitgeber soll Anforderungen erfüllen müssen, deren Grundlage sich in keinem Gesetz findet.
Glücklicherweise haben die Richter des Schleswig-Holsteinischen FG das Gesetz genau gelesen und entschieden, dass es für die Steuerfreiheit der SFN-Zuschläge unschädlich ist, wenn die Aufzeichnungen des Arbeitgebers keine genaue Anfangszeit und Schlusszeit der jeweiligen Nachtarbeit enthalten, sofern die Ableistung der Nachtarbeit unstreitig ist (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 9.11.2022, 4 K 145/20). O-Ton des Gerichts: „Denn die Aufzeichnungen erfüllen keinen Selbstzweck, sondern dienen allein der richtigen Anwendung der steuerlichen Vorschriften im konkreten Einzelfall.“
Der Sachverhalt:
Der Arbeitgeber hatte an seine Arbeitnehmer teilweise Nachtzuschläge gezahlt und diese als steuerfrei behandelt. Es war unstreitig, dass die jeweiligen Personen die Nachtarbeit durchgeführt haben. Der Arbeitgeber führte auch durchaus entsprechende Aufzeichnungen, die dies einwandfrei erkennen ließen. Zweifelhaft war jedoch, ob die Steuerfreiheit deshalb zu verwehren ist, weil nicht die genaue Uhrzeit (Beginn und Ende der Arbeit), sondern lediglich der Zeitrahmen und die darin geleistete Stundenzahl angegeben wurden (z.B. 4 Stunden innerhalb der Zeit von 20 Uhr – 6 Uhr). Das Finanzamt jedenfalls beharrte auf diesen Angaben. Doch nach Auffassung des FG war die – vermeintlich – fehlende Präzision der Aufzeichnungen unschädlich und die Steuerfreiheit war zu gewähren.
Die Begründung:
Zwar habe der BFH in seinem Urteil vom 28.11.1990 (VI R 90/87) grundsätzlich verlangt, dass Einzelaufstellungen (einschließlich Anfangs- und Schlusszeit) der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden zur Nachtzeit vorliegen müssen. Doch diese Anforderung ließ Ausnahmen zu und habe im Übrigen lediglich dazu gedient, die subjektive Tatsache der Verknüpfung zwischen konkreter Nachtarbeit und Lohnzahlung – in Abgrenzung zu pauschalen Zuschlägen – zu belegen und die Anzahl der Stunden sichtbar zu machen. Soweit daher die gesetzlichen Voraussetzungen unstreitig erfüllt seien, seien ungenauere Aufzeichnungen unschädlich. Dies folge auch aus dem BFH-Urteil vom 22.10.2009 (VI R 16/08), aus dem hervorgeht, dass die Aufzeichnungen letztlich nur ein Mittel der Beweisführung darstellen. Es seien weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung Gründe zu entnehmen, im Streitfall die Steuerfreiheit nach § 3b EStG zu versagen.
Denkanstoß:
Es bleibt aber dabei, dass pauschal gezahlte Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit, bei denen die Einzelabrechnung fehlt, nicht steuerfrei sind. In diesem Sinne hat beispielsweise das FG Düsseldorf entschieden (Urteil vom 27.11.2020, 10 K 410/17 H, L). Insofern darf das Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG nicht als Freibrief verstanden werden.