Nach dem Scheitern der Regierungskoalition am 6.11.2024 sind die meisten Gesetze der Regierung in der „parlamentarischen Warteschleife“, auch das Steuerfortentwicklungsgesetz (StFeG, vormals Zweites JStG 2024). Jetzt haben sich die Minderheitsregierung und die FDP aber doch noch darauf verständigt, das Gesetz noch vor den voraussichtlich am 23.2.2025 anstehenden Neuwahlen zu verabschieden, allerdings in abgespeckter Form.
Hintergrund
Mit dem Regierungsentwurf für ein Steuerfortentwicklungsgesetz (BT-Drs. 20/12778) sollen insbesondere die Tarifeckwerte bei der Einkommensteuer verschoben werden, damit nicht Lohn- und Gehaltszuwächse inflationsbedingt durch die Steuerprogression aufgezehrt werden (sog. kalte Progression). Die Kabinettsvorlage sah hierbei eine Anhebung des Grundfreibetrags bei der Steuer 2025 um 312 Euro auf 12.096 Euro vor. Das sind zwölf Euro mehr als bisher geplant. 2026 soll der Grundfreibetrag auf 12.348 Euro steigen. Der Kindergrundfreibetrag sollte ebenfalls steigen, das Kindergeld ab 2025 angehoben werden. Gegenüber dem ursprünglichen BMF-Entwurf wurde der Gesetzentwurf dann im Sommer/Herbst 2024 auf Drängen von SPD und Grünen nochmals erweitert. Diesen Kompromiss wollte die FDP dann jedoch nicht her mittragen. Seit dem Koalitionsbruch vom 6.11.2024 lag das StFeG „auf Eis“.
Minderheitsregierung einigt sich mit FDP
Jetzt haben die bisherigen Koalitionäre doch noch vereinbart, bis zur Neuwahl am 23.2.2025 die Steuerzahler zu entlasten. Die wichtigsten Eckpunkte sind dabei:
- Anhebung des in den Einkommensteuertarif integrierten Grundfreibetrags um 312 € auf 12.096 € im Jahr 2025 und ab 2026 auf 12.348 €.
- Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrags für den VZ 2025 um 60 € auf 6.672 € und ab dem VZ 2026 um 156 € auf 6.828 €.
- Anhebung des Kindergeldes ab 1.1.2025 um fünf € auf 255 €/Monat.
- Anpassung der übrigen Eckwerte des Einkommensteuertarifs für die VZ 2025 und ab 2026 (mit Ausnahme des Eckwerts der sog. „Reichensteuer“).
- Anhebung der Freigrenzen beim Solidaritätszuschlag für die VZ 2025 und ab 2026.
Nicht weiterverfolgt werden aber die gegenüber dem ursprünglichen Entwurf später eingefügten Änderungen, die Streitgegenstand innerhalb der Regierungskoalition waren, insbesondere
- Mitteilungspflichten der Unternehmen über innerstaatliche Steuergestaltungen.
- Reform der Sammelabschreibungen durch Einstieg in die Gruppen- bzw. Pool-Abschreibung (Anhebung auf 5.000 €).
- Fortführung der degressiven Abschreibung für im Zeitraum 2025 bis 2028. angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (§ 7 Abs. 2 EStG) und Wiederanhebung auf das Zweieinhalbfache des bei der linearen Abschreibung in Betracht kommenden Prozentsatzes, höchstens 25 Prozent.
- Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung.
- Unterstützung der Autoindustrie und ihrer Beschäftigten beim Modernisierungsprojekt E-Mobilität.
Wie sehen die nächsten Schritte aus?
Das StFeG muss noch den Bundestag und den Bundesrat passieren. Nachdem der Bundeskanzler am 16.12.2024 im Bundestag die Vertrauensfrage stellt (Art. 68 GG) und der Bundestag am 20.12.2024 das letzte Mal in diesem Jahr tagt, ist praktisch ausgeschlossen, dass das StFeG noch in diesem Jahr das Parlament passiert. Da die Bundesregierung unabhängig vom Ausgang der Vertrauensfrage in jedem Fall weiterhin Regierungsverantwortung trägt und der Bundestag unverändert bis zur Neukonstituierung nach den terminierten Bundestagswahlen am 23.2.2025 im Amt bleibt, kann die Minderheitsregierung mit Unterstützung des ehemaligen Koalitionspartners FDP im Bundestag das StFeG auch Anfang 2025 rückwirkend auf den 1.1.2025 beschließen lassen. Die Frage wird dann sein, ob die Unionsopposition das Gesetz danach im Bundesrat blockiert, dessen Zustimmung erforderlich ist.
Bewertung
Die späte politische Einigung der ehemaligen Koalitionspartner beim StFeG auf den „kleinsten politischen Nenner“ ist jedenfalls aus Sicht derjenigen Steuerzahler zu begrüßen, die auch mit Sozialabgaben belastet sind, die ab 2025 spürbar steigen werden.
Allein beim Zusatzbeitrag in den gesetzlichen Krankenkassen werden die bislang angenommenen Steigerungsraten um 0,8 Prozentpunkte beim Zusatzbeitrag bei weitem nicht ausreichen. Auch in der Pflegeversicherung ist mit steigenden Beiträgen zu rechnen. Das bedeutet, dass der Kostenanstieg bei den Sozialabgaben einen wesentlichen Teil des steuerlichen Entlastungsvolumens durch das StFeG gleich wieder aufzehren wird.
Weitere Informationen:
Steuerfortentwicklungsgesetz (StFeG), BT-Drs. 20/12778