Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen und Abgeltungsteuer finden nicht zusammen

Im einem aktuellen Beschluss hatte sich der BFH zur sehr grundsätzlichen Frage zu äußern, ob die Einkommensteuer, welche sich aus der Anwendung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 32d Abs. 1 EStG ergibt, nach § 35a EStG ermäßigt werden kann.

Der Sachverhalt

Die Klägerin erzielte im Streitjahr Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte. Die Summe der Einkünfte sowie das zu versteuernde Einkommen waren negativ. Daneben erzielte die Klägerin (positive) Einkünfte aus Kapitalvermögen. Ein Teil dieser Einkünfte unterlag dem Kapitalertragsteuerabzug, der übrige Teil war mit dem gesonderten Steuertarif gem. § 32d Abs. 1 EStG in die Einkommensteuerfestsetzung eingegangen. In ihrer Steuererklärung machte die Klägerin zudem erhebliche Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und für Handwerkerleistungen geltend. Das Finanzamt veranlagte die Klägerin ohne Berücksichtigung von Steuerermäßigungen gem. § 35a EStG zur Einkommensteuer, da sich keine tarifliche Einkommensteuer ergab. Die erstinstanzliche Klage wies das Finanzgericht ab.

Klarstellung des BFH

Auch der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück. § 35a EStG – und auch die neue Steuerermäßigung für energetische Sanierung gem. § 35c EStG – ermäßigt die tarifliche Einkommensteuer.

Tarifliche Einkommensteuer ist der Steuerbetrag, der sich aus der Anwendung des „normalen“, progressiven Einkommensteuertarifs gem. § 32a EStG auf das zu versteuernde Einkommen ergibt, in das Kapitalerträge, die einem besonderen Steuersatz von 25 % unterlegen haben, nach § 32d Abs. 1 EStG und § 43 Abs. 5 EStG nicht einzubeziehen sind, ergibt. Das zu versteuernde Einkommen lautete aber auf 0 € und bot daher keinerlei Ermäßigungspotenzial. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die gem. § 32d Abs. 3 und 4 EStG im Veranlagungsverfahren nacherhobene Steuer nach dem gesonderten Tarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 32d Abs. 1 EStG nicht Bestandteil der tariflichen Einkommensteuer. Dies folgt aus der in § 2 Abs. 6 Satz 1 EStG festgeschriebenen Reihenfolge der erforderlichen Rechenschritte, um von der tariflichen Einkommensteuer zu der festzusetzenden Einkommensteuer zu gelangen. Danach ist die tarifliche Einkommensteuer zuerst u.a. um Steuerermäßigungen zu vermindern und erst danach um die Steuer nach § 32d Abs. 3 und 4 EStG zu erhöhen. Daher ist eine Steuerermäßigung mathematisch ausgeschlossen, wenn die tarifliche Einkommensteuer 0 € beträgt.

Nur tariflich besteuerte Kapitaleinkünfte können ermäßigt werden

Den Weg zur Steuerermäßigung hätten nur die Günstigerprüfung gem. § 32d Abs. 6 EStG oder ein Antrag auf die tarifliche Besteuerung nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG für Einkünfte aus einer sogenannten unternehmerischen Beteiligung geebnet. Die Günstigerprüfung kam im Streitfall wegen der offensichtlich sehr hohen Einkünfte aus Kapitalvermögen aber nicht zum Tragen.

Weitere Informationen:

BFH, Beschluss v. 28.04.2020 – VI R 54/17

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