Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen bei Kostenübernahme durch Sohn oder Tochter?

Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um 20 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 1.200 Euro. Der Steuerabzug nach § 35a Abs. 3 EStG betrifft Handwerkerleistungen rund um den eigenen Haushalt. Im Prinzip geht man davon aus, dass es um Leistungen am Eigenheim oder der selbstgenutzten Mietwohnung geht. Doch wie sieht es aus, wenn Sohn oder Tochter unentgeltlich im Haus der Eltern wohnen und dort Handwerkerkosten übernehmen, die letztlich dem gesamten Gebäude zugutekommen?

Für diesen Fall gibt es ein interessantes BFH-Urteil:

Die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen gemäß § 35a Abs. 3 EStG verlangt neben der (tatsächlichen) Führung eines Haushalts kein besonderes Nutzungsrecht des Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige kann auch in unentgeltlich überlassenen Räumlichkeiten einen Haushalt führen. Liegen die Voraussetzungen der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG im Übrigen vor, kann die Steuermäßigung auch in Anspruch genommen werden, wenn sich der Steuerpflichtige gegenüber einem Dritten zur Tragung der Aufwendungen für die Handwerkerleistungen verpflichtet hat (BFH-Urteil vom 20.4.2023, VI R 23/21). Fazit: Sohn oder Tochter dürfen die Kosten grundsätzlich steuerlich geltend machen.

Der Sachverhalt:

Der Kläger war Eigentümer eines Hauses, in dem er mit seiner Ehefrau und seinen Kindern wohnte. Für einige Monate der Jahre 2017 und 2018 nutzte er jedoch die Dachgeschosswohnung im Haus seiner Mutter und meldete diese als seinen Nebenwohnsitz an. In der Einkommensteuererklärung 2017 machte der Kläger die Steuerermäßigung gemäß § 35a Abs. 3 EStG für Leistungen eines Dachdeckers geltend, die das Haus seiner Mutter betrafen. Er legte hierzu eine Rechnung der Dachdeckerfirma vor, die auf seinen Namen lautete und in der die Lohnkosten ausgewiesen waren. Der Kläger hatte den Rechnungsbetrag selbst auf das Konto der Dachdeckerfirma gezahlt. Finanzamt und Finanzgericht versagten die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen unter anderem mit der Begründung, dass keine Verpflichtung für die Kostenübernahme bestanden habe. Doch der BFH hat das Urteil aufgehoben und der Revision entsprochen.

Die Begründung in Kurzform:

Ein Haushalt i.S. von § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG erfordert nicht, dass der Steuerpflichtige die Räumlichkeiten, in denen sich hauswirtschaftliches Leben entfaltet, als wirtschaftlicher (Mit-)Eigentümer oder als Mieter nutzt. Das Gesetz verlangt neben der tatsächlichen Führung eines Haushalts kein besonderes Nutzungsrecht des Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige kann folglich auch in unentgeltlich überlassenen Räumlichkeiten einen Haushalt führen. Eine über den Gesetzeswortlaut hinausgehende Einschränkung der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen auf bestimmte Nutzungsrechte oder Nutzungsverhältnisse die Wohnung betreffend, in der der Steuerpflichtige den Haushalt führt, ist damit indessen nicht verbunden. Es ist auch ohne Bedeutung, wenn der Sohn gegenüber seiner Mutter nicht verpflichtet war, das Dach ihres Hauses sanieren zu lassen und die von ihm allein finanzierte Dachsanierung dem ganzen Haus zugutekam.

Denkanstoß:

Nach dem BMF-Schreiben vom 9.11.2016 (BStBl I 2016, 1213, Rz. 27) kann auch ein Wohnungsnutzer trotz unentgeltlicher Überlassung die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG beanspruchen, wenn er die entsprechenden Aufwendungen getragen hat. Insofern ist es fast verwunderlich, dass das Finanzamt den Steuerabzug versagt hatte. Die Besonderheit war aber wohl darin zu sehen, dass die Handwerkerleistungen nicht ausschließlich die Dachgeschosswohnung, sondern das gesamte Haus betrafen. Wie dem auch sei: Das Urteil sorgt nun für (weitere) Rechtssicherheit.

Aber um Missverständnisse zu vermeiden: Selbstverständlich müssen die weiteren Voraussetzungen des § 35a EStG erfüllt sein. So muss der Steuerpflichtige seine Zahlung auf seine eigene Verbindlichkeit hin gegenüber dem Handwerksbetrieb leisten, das heißt, er muss Auftraggeber sein und den Rechnungsbetrag vom eigenen Konto überweisen. Und steuerlich abziehbar sind natürlich nur reine Arbeitskosten (sowie eventuell in Rechnung gestellte Maschinen- und Fahrtkosten zuzüglich der darauf entfallenden Mehrwertsteuer).


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