Ist das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung uneinbringlich geworden, muss der Unternehmer den dafür geschuldeten Steuerbetrag berichtigen. So in etwa lautet § 17 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 UStG. Es wird zuweilen etwas vergessen, dass es sich hierbei nicht um eine „Kann-„, sondern um eine „Muss-Vorschrift“ handelt und folglich steht dem Unternehmer kein Wahlrecht hinsichtlich des richtigen Zeitpunkts der Berichtigung zu.
Diese bittere Erfahrung musste kürzlich ein Unternehmer beim FG München machen.
Der – stark verkürzte – Sachverhalt:
Der zugrunde liegende Sachverhalt war recht komplex. Um es auf den Punkt zu bringen: Ein Unternehmer erbrachte Leistungen für eine Kommune, die aber nicht gezahlt hat, obwohl die Schlussabnahme der Arbeiten Mitte 2015 fast ohne Mängelrügen erfolgte. Der Unternehmer verklagte die Stadt daraufhin, deren Klageerwiderung erfolgte noch in 2015. Der Unternehmer bekam vor dem LG im Jahre 2017 Recht, doch die Gemeinde ging in die Berufung. Vor dem OLG wurde Mitte 2020 von beiden Parteien ein Vergleich geschlossen.
Für das 3. Quartal 2020 gab der Unternehmer eine Umsatzsteuer-Voranmeldung ab, in der negative steuerpflichtige Umsätze erklärt wurden. Diese resultierten aus den entsprechenden Forderungsverlusten. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Minderung der Bemessungsgrundlage nicht in 2020 anzuerkennen sei, da die Schlussforderungen bereits in 2015 uneinbringlich gewesen seien. Anträge der Klägerin auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für 2015 wurden abgelehnt, da insoweit mittlerweile Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die hiergegen gerichtete Klage wurde zurückgewiesen (FG München, Urteil vom 27.07.2023, 14 K 2411/21; NWB PAAAJ-49973). Das Urteil ist – wenn ich es richtig sehe – rechtskräftig geworden.
Die Begründung – ebenfalls in Kurzform:
Erfolgen bei einem Bauvorhaben trotz erfolgter Abnahme ohne Mängelbeanstandungen keine Zahlungen auf die Forderung, sieht sich der Leistende daher gezwungen, die Forderung gerichtlich geltend zu machen und bestreitet der Leistungsempfänger in der Klageerwiderung die Anspruchsgrundlage für die Forderung substantiiert, so spricht Vieles dafür, dass die Forderung bereits uneinbringlich geworden ist. Spätestens, wenn der Leistungsempfänger nach Ergehen des Grundurteils Rechtsmittel einlegt, ist die Uneinbringlichkeit i.S. des § 17 Abs. 2 UStG gegeben.
Schließen der Unternehmer und der Leistungsempfänger in einem Folgejahr vor der Berufungsinstanz einen Vergleich über die Schlussforderungen, so kann in diesem Jahr des Vergleichsabschlusses das Entgelt für die Schlussrechnungen nicht nach § 17 UStG berichtigt werden, wenn es bereits in einem früheren Jahr i.S. des § 17 Abs. 2 UStG uneinbringlich geworden ist; insoweit besteht kein Wahlrecht für den Zeitpunkt der Berichtigung.
Das FG sah die Uneinbringlichkeit folglich bereits im Jahr 2015, spätestens aber im Jahr 2017 als gegeben an.
Denkanstoß:
Mich erinnert das Thema an den richtigen Zeitpunkt für die Geltendmachung von Darlehensverlusten oder Bürgschaftsinanspruchnahmen bei § 17 EStG: Wie man es macht, macht man es – nach Ansicht des Finanzamts – falsch. Das scheint ein ungeschriebenes Gesetz bei Betriebsprüfern zu sein. Ich weiß nicht, in wie vielen Fällen ich mich dazu schon mit dem Finanzamt gestritten habe.
Nun kann man zu dem Thema ganz viele Urteile und Fachaufsätze benennen. Letztlich hilft meines Erachtens in der Praxis aber eine Sache am besten: Frühzeitig mit dem Finanzamt sprechen bzw. dieses so früh wie möglich ausdrücklich darüber informieren (und ggf. um Stellungnahme) bitten, wann man einen Verlust – bzw. bei der Umsatzsteuer eine Uneinbringlichkeit – zu berücksichtigen gedenkt. Und im Zweifel sollte der Zeitpunkt der Berücksichtigung lieber früher als später gewählt werden.
Mich würde Ihre Auffassung zu dem Thema interessieren. Welche Erfahrung haben Sie diesbezüglich mit den Finanzämtern gemacht?
Übrigens, nur am Rande: Zuweilen hört man, dass Gemeinden sich momentan schwer tun, Handwerker bzw. Bauunternehmer zu finden. Wer den Sachverhalt des Urteils studiert, weiß, warum manch Unternehmer ungerne für die öffentliche Hand tätig wird.
Weitere Informationen:
Ich stimme zu, dass ist einer der „klassischen“ Fälle, in denen man es nicht richtig machen kann, da der Prüfer „immer“ versucht sein wird zu argumentieren und den Zeitpunkt der Korrektur zu ändern. Nimmt man einen frühen Zeitpunkt der Umsatzsteuerkorrektur, wird es heissen, dass zu dem Zeitpunkt doch noch nicht endgültig feststand, dass der Ausfall vorliegt. Gut, jetzt liegt wenigstens ein Urteil vor, mit dem man argumentieren kann.
Leider gibt es öfter Fälle, die man mit dem Sachbearbeiter noch einigermaßen einvernehmlich klären kann, bei denen ein Prüfer aber lieber ein Mehrergebnis sehen will. Wie wir wissen, hilft nicht einmal Schriftverkehr in der Sache um rechtssicher zu sein.