Selten hat ein Blog-Beitrag so kontroverse Diskussionen ausgelöst wie meine beiden Blogs mit der Überschrift „Steuerberater haften für das Staatsversagen“. Interessanterweise ist dabei die eigentliche Intention des Beitrages, nämlich gegen die geplante Anzeigepflicht für Steuergestaltungen zu kämpfen, etwas in den Hintergrund gerückt.
Sozusagen aus aktuellem Anlass möchte ich daher an diese Stelle darauf hinweisen, dass es mir überhaupt nicht darum geht, die fachliche Diskussion über Cum-Ex und Cum-Cum-Geschäfte erneut loszutreten. Vielmehr möchte ich zum einen darauf aufmerksam machen, dass diese Geschäfte auch aufgrund des medialen Echos im starken Maße dazu beigetragen haben, dass derzeit nicht nur über eine Anzeigepflicht für internationale, sondern auch für nationale Steuergestaltungen nachgedacht wird. Zum anderen geht es mir darum aufzuzeigen, dass gerade die Cum-Ex und Cum-Cum-Geschäfte seitens der Politik kein taugliches Beispiel sind, um für eine Anzeigepflicht für Steuergestaltungen zu plädieren, zumal die Finanzverwaltung und auch die Politik hier lange Zeit sehr genau wussten, worum es geht.
Übrigens möchte ich an dieser Stelle – man mag es mir verzeihen – etwas Eigenlob betreiben, denn mittlerweile hat es mein Blog-Beitrag „Anzeigepflicht für Steuergestaltungen oder das Gutachten des Grauens“ zu einer gewissen Prominenz gebracht. Zum einen ist die Überschrift des Beitrages quasi zum Leitmotto der jüngsten Berliner Steuergespräche geworden, zum anderen findet sich die Überschrift “ Gutachten des Grauens“ in der aktuellen „Die Steuerberatung“ 7-8/2018, S. 293.
Ich hoffe nach wie vor, dass sich viele Berufsträger finden, die mit mir gemeinsam gegen die Anzeigepflicht für Steuergestaltungen „protestieren.“ Die Kollegen von Kammern und Verbänden kämpfen derzeit „wie die Löwen“, um gegen den geplanten § 138d AO vorzugehen. Nur: Es fehlt die Unterstützung der Basis. Daher noch einmal der Aufruf: Nehmen Sie an den Mitgliederversammlungen von Kammern und Verbänden teil. Signalisieren Sie in dieser wichtigen Frage Solidarität, denn ansonsten werden Sie sich wundern, wie § 138d AO Ihren Alltag in den nächsten Jahren Ihres Berufslebens verändern wird. DStV-Präsident Harald Elster wies kürzlich darauf hin, dass die Anzeigepflicht in Großbritannien dort bislang zu 300 (!) Einzelgesetzen geführt habe (Stbg 7-8/2018, S. 294).
Ein Beitrag von:
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- Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
- Autor zahlreicher Fachbeiträge
- Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe
Warum blogge ich hier?
Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.
Eine Antwort
Sehr geehrter Herr Herold,
wie der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) werden Sie nicht müde, das Thema ins Gespräch zu bringen. Dafür gilt Ihnen ein großer Dank! Auch für Ihren Wake-up-Call an die Kollegenschaft, politisch aktiv zu werden, und Ihr vormals geäußerte positive Resonanz zu den Aktivitäten des DStV freuen uns natürlich.
Obwohl die Anzeigepflicht für viele wie eine Attacke auf unseren Berufsstand wirkt, dürfen zwei Aspekte nicht unter den Tisch fallen: Auch die Steuerpflichtigen (Unternehmen) werden – mehr als sie es gegenwärtig wohl erwarten – betroffen sein. Einerseits durch die sie unmittelbar treffende Anzeigepflicht für inhouse-Gestaltungen. Andererseits über das Registriernummern-System. Mag der GE der FinMin S-H und RLP das Verfahren zwar in diesem Punkt im Vergleich zu dem GE aus 2007 abgeschwächt haben, ist dennoch anzunehmen, dass die Registriernummern die veranlagungsunterstützende Funktion erfüllen werden (vgl. die Antworten der Bundesregierung auf die Fragen 19 / 59 / 60 in der Kleinen Anfrage der FDP, BT-Drs. 19/2144). Aufgrund der Unbestimmtheit der anzeigepflichtigen Tatbestände könnten so grundsätzlich „harmlose“ Steuergestaltungen, die der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung nicht als unerwünscht erachten, verdächtig und damit stigmatisiert werden. Vor solchen möglichen Konsequenzen hat auch das MPI-Gutachten deutlich gewarnt. An dieser Stelle dürfte dem ansonsten gelungenen Beitrag von Alexander Hamminger in der NWB vom 30.07.2017, S. 2267, in der Aussage, dass die Anzeige keine Auswirkung für das konkrete Besteuerungsverfahren haben wird, leider nicht zuzustimmen sein.
Kurzum: Nicht nur unser Berufsstand, sondern auch die Wirtschaft werden in der Praxis von dem neuen Instrument betroffen sein.
Und ja: Es ist politisch kurz vor 12 – vielleicht schon danach. Jeder, dem das Thema Unwohlsein bereitet, sollte sich an seine Bundestagsabgeordneten im Wahlkreis wenden. Der Referentenentwurf für das Umsetzungsgesetz der EU-Richtlinie für eine Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen dürfte angesichts der Frist bis zum 31.12.2019 nicht lange auf sich warten lassen. Und wie die Bundesregierung auf die schriftliche Frage der FDP bereits im April geantwortet hat (BT-Drs. 19/1763, S. 9), prüft das BMF mit den Ländern auf Basis des Beschlusses der Finanzministerkonferenz vom 8.3.2018, in welcher Form die nationale Anzeigepflicht bei der Umsetzung der EU-Richtlinie berücksichtigt werden kann.
Beste Grüße
Sylvia Mein