Wird ein selbstgenutztes Familienheim vererbt, bleibt der Vorgang unter bestimmten Voraussetzungen erbschaftsteuerfrei. Bei der Vererbung an den Ehegatten oder Lebenspartner kommt es nicht auf die Größe des Eigenheims an, in den anderen Fällen tritt eine Vergünstigung ein, soweit die Wohnfläche der Wohnung 200 qm nicht übersteigt (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c ErbStG).
Was aber gilt, wenn sich die Immobilie auf einem extrem großen Grundstück befindet, das durch eine grundbuchmäßige Zusammenlegung gemäß § 890 BGB entstanden ist? Ist dann – neben dem Gebäude – der gesamte Grund und Boden begünstigt? Mit dieser Frage wird sich bald der BFH befassen müssen, und zwar in dem Verfahren II R 27/23. Zugrunde liegt ein Fall, über den das Niedersächsische Finanzgericht kürzlich entschieden hat (Urteil vom 12.7.2023, 3 K 14/23).
Hier der – etwas verkürzte – Sachverhalt:
Der Kläger ist Erbe seines verstorbenen Vaters. Zum Nachlass gehörten mehrere Grundstücke und auch das Wohnhaus des Erblassers, das der Kläger offenbar nun selbst bewohnt. Das Familienheim befindet sich auf einem Grundstück, das aus drei Flurstücken besteht. Im Grundbuch sind diese allerdings gemäß § 890 BGB zu einem einzigen Grundstück vereinigt worden. Der Kläger begehrte die Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG). Er ging davon aus, dass das gesamte Grundstück bzw. alle Flurstücke, auf dem sich das Wohnhaus befindet, begünstigt seien. Das Finanzamt gewährte die Befreiung aber nur für ein einziges Flurstück mit einer Größe von 837 qm, also das Flurstück, auf dem sich das Wohnbaus ganz unmittelbar befand. Das Finanzgericht hat die hiergegen gerichtete Klage zurückgewiesen.
Die Begründung – ebenfalls in Kurzform:
Nur das tatsächlich bebaute Grundstück oder die bebaute Teilfläche kann in die erbschaftsteuerliche Begünstigung einfließen. Würde man über diesen angemessenen Rahmen hinausgehen, bestünde die Gefahr einer Steuergestaltung in der Weise, dass der Grundstückseigentümer den Umfang des begünstigten Immobilienvermögens erweitert, indem er benachbarte Flurstücke im Sinne des Katasterrechts „verschmelzen“ lässt. So hätten hier alle Grundstücke vom Eigentümer durch einfache Erklärung gegenüber dem Katasteramt verschmolzen werden können. Auch das BGB lässt es relativ leicht zu, Flurstücke durch Erklärung in einem Grundbuchblatt „zu vereinigen“. Solche Gestaltungen entsprächen nicht dem Zweck der Steuerbegünstigung, denn es soll erbschaftsteuerlich nur das Familienwohnheim geschützt werden.
Denkanstoß:
Die Problematik ist nicht ganz neu. In dem Blog-Beitrag „Fällt der Garten hinter dem Haus unter die Erbschaftsteuerbefreiung?“ hatte ich bereits über ein Urteil des FG Düsseldorf berichtet, in dem es um einen durchaus ähnlichen Fall ging (Urteil vom 16.5.2018, 4 K 1063/17 Erb). Soweit erkennbar, wurde gegen das Urteil aber keine Revision eingelegt, obwohl diese ebenfalls zugelassen wurde. Insofern ist es nun zu begrüßen, dass sich der BFH nun doch mit der Sache befassen muss. Eine Prognose über seine Entscheidung möchte ich nicht wagen, zumal sich der BFH in einem Urteil vom 23.2.2021 (II R 29/19, BStBl 2023 II S. 191) zu einer ähnlichen Materie etwas nebulös ausgedrückt hatte.