Zugegeben, der Begriff Lebensabschnittsgefährte ist wegen des „Abschnitts“ ein wenig despektierlich. Die Frage dahinter bleibt aber identisch: Können Lebensgefährten den Splittingtarif beanspruchen? Dies darf zumindest bezweifelt werden, auch wenn das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
Zum Hintergrund: In § 2 Abs. 8 des EStG ist geregelt: „Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.“ Damit sollte seinerzeit auf Weisung des BVerfG sichergestellt werden, dass eingetragene, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften steuerlich nicht diskriminiert werden und sie wie andere Eheleute auch den Splittingtarif beanspruchen können.
Dem aufmerksamen Leser wird das Dilemma jetzt schon schwanen: Im Gesetzestext steht nichts von eingetragenen Lebenspartnerschaften oder sonst irgendwie rechtlich institutionalisierten Formen einer Partnerschaft. Da steht nur „Lebenspartner und Lebenspartnerschaften.“ Grund genug, dass zwei nicht miteinander verheiratete Steuerpflichtige, die mit ihren drei gemeinsamen Kindern in einem Haushalt leben, nun den Splittingtarif beanspruchen wollen.
Natürlich hat das erstinstanzlich angerufene FG Münster (Az: 10 K 2790/14 E) das Begehren abgelehnt. Begründung: Der im Gesetz verwendete Begriff der „Lebenspartner und Lebenspartnerschaften“ umfasst ausschließlich gleichgeschlechtliche eingetragene Lebenspartnerschaften. Soweit war das ja auch klar, aber steht das im Gesetz? Eher nicht. Allerdings ist es absolut unmissverständlich aus dem Zustandekommen der Regelung herzuleiten. Grund genug, dass das FG die Revision nicht zugelassen hat.
Dagegen haben die beiden nicht verheirateten Lebenspartner mittlerweile Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH (Az: III B 100/16) eingelegt. Deren Begründung: Im Gesetz steht das so nicht. Auch wenn Ihnen dabei zuzustimmen ist, werden sie ihren Steuerstreit dennoch nicht gewinnen können, oder?
Weitere Infos: FG Münster, Urteil vom 18.05.2016 – 10 K 2790/14 E
Nein, die Steuerpflichtigen werden ihren Steuerstreit nicht gewinnen können, Herr Iser. Das liegt daran, dass – wie man dem Urteil des FG Münster entnehmen kann – der BFH bereits mit Urteil vom 26.06.2014 (Az. III R 14/05) entschieden hat, dass § 2 Abs. 8 EStG sich nur auf eingetragene Lebenspartnerschaften i.S.d. LPartG bezieht und nicht auf gleich-/oder verschiedengeschlechtliche nicht eingetragene Lebensgemeinschaften o.ä. Folgerichtig hat das FG auch nicht die Revision zugelassen, da die Frage höchstrichterlich geklärt ist.
Daher hoffe ich auch, dass durch diesen oder ähnliche Beiträge unverheiratete Steuerpflichtige nicht dazu animiert werden, gegen ihre Steuerfestsetzungen vorzugehen und den Splittingtarif einzufordern. Dies würde nur zu falschen Hoffnungen und zu sinnloser Mehrarbeit in den Finanzämtern führen (jetzt raten Sie mal, wo ich arbeite…)
Sehr geehrter Herr Albrecht,
in der Sache liegen wir hier auf einem Nenner. Auch ich kann mir nicht vorstellen, dass der Steuerstreit gewonnen wird. Dies sagt ja auch der Beitrag. In der Sache finde ich es persönlich auch richtig, dass nur Eheleute und Partner von eingetragenen Lebenspartnerschaften in den Genuss des Splittingtarifs kommen können.
Aber darum geht es hier nicht. Ärgerlich ist, dass dies so nicht im Gesetz steht.
Es kann aus meiner Sicht nicht sein, dass ein Gesetz immer nur aus seinem Zustandekommen heraus, also im Wege der teleologischen Auslegung, klar ist. Dies gilt umso mehr, wenn man sich für das Gewollte keiner wirklich komplizierten Formulierungen bedienen muss.
Schon der BFH hat in dem von Ihnen zitierten Urteil gesagt: „Das Gesetz spricht in § 2 Abs. 8 EStG zwar lediglich von Lebenspartnern und Lebenspartnerschaften und nicht von Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft bzw. eingetragenen Lebenspartnerschaften.“
Wenn die eindeutige Formulierung nun so einfach ist und deutlich auf der Hand liegt, dann zeugt der Gesetzestext schlicht von schlechter Formulierungsarbeit. Wer dies als Einzelner angehen möchte oder das Ergebnis der wortwörtlichen Gesetzesauslegung anstrebt wird klagen müssen. Dass es dabei zu Mehrarbeit im Finanzamt kommt ist in einem Rechtsstaat schlicht hinzunehmen, zumal der Grund für die Mehrabreit nicht beim Bürger, sondern beim Gesetzgeber, liegt.