Sperrwirkung nach Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk – BFH ändert seine Rechtsprechung

Wird ein unbesichertes Konzerndarlehen gewinnmindernd ausgebucht und dieser Vorgang nach § 1 Abs. 1 AStG neutralisiert, so ist diese Korrektur der Einkünfte nicht nach Art. 9 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens gesperrt. Mit diesem Urteil vom 27.02.2019 – I R 73/16 änderte der BFH seine bisherige Rechtsprechung, deren Grundsätze er in einer Reihe weiterer Fälle demnächst konkretisieren wird.

Der Streitfall

Im Streitjahr 2005 führte eine deutsche GmbH für eine belgische Tochtergesellschaft ein nicht besichertes Verrechnungskonto. Als die belgische Tochtergesellschaft in wirtschaftliche Schieflage geriet, verzichtete die deutsche GmbH auf ihre Forderung aus dem Verrechnungskonto und buchte den Saldo in ihrer Bilanz gewinnmindernd aus. Diese Gewinnminderung neutralisierte das Finanzamt jedoch nach § 1 Abs. 1 AStG. Das Finanzgericht (FG) sah die Sache im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH allerdings anders und gab der Klage statt.

Bisherige BFH-Rechtsprechung

Bei Sachverhalten, die einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) unterliegen, ging der BFH bisher davon aus, dass sich Art. 9 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens auf sog. Preisberichtigungen beschränke, wohingegen die Neutralisation der gewinnmindernden Ausbuchung einer Darlehensforderung oder eine Teilwertabschreibung ausgeschlossen sei (sog. Sperrwirkung). Nun änderte der BFH seine Rechtsprechung hierzu.

Änderung der BFH-Rechtsprechung

Nun beurteilt der BFH dies anders und hob daher das Urteil des FG auf. In der Revisionsinstanz konnte zwar nun nicht mehr geklärt werden, ob es sich wirklich um ein steuerrechtlich anzuerkennendes Darlehen oder um Eigenkapital der belgischen Tochtergesellschaft handelte. Dies könne jedoch dahinstehen, da die gewinnmindernde Ausbuchung durch die deutsche GmbH jedenfalls nach § 1 Abs. 1 AStG zu korrigieren sei, so der BFH.

Die fehlende Besicherung stellt nach dem Urteil eine nicht fremdübliche (Darlehens-)Bedingung dar. Eine Beschränkung auf sog. Preisberichtigungen lasse sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des Art. 9 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens entnehmen, so der BFH. Auch das Unionsrecht stehe der Einkünftekorrektur nicht entgegen.

Der BFH kündigte an, die neuen Grundsätze demnächst in einer Reihe weiterer Fälle zu konkretisieren.

Praxisrelevanz

Mit diesem Urteil ändert der BFH seine bisherige Rechtsprechung. Diese Entscheidung hat erhebliche Auswirkung auf die Finanzierung ausländischer Tochtergesellschaften durch inländische Gesellschafter.

Weitere Informationen:

BFH v. 27.02.2019 – I R 73/16

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− 2 = 1