Bafin findet gravierenden Fehler in der testierten Bilanz eines Filmproduzenten
Der Geschäfts- oder Firmenwert: Ein häufiger Streitpunkt bei der Bilanzkontrolle. Zumindest zeigten dies die Tätigkeitsberichte der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung in der Vergangenheit.
Inzwischen hat die Bafin als Folge des Wirecard-Skandals das Ruder der Bilanzkontrolle allein in der Hand. Die Fehlermeldung vom 13. Juni zum Geschäfts- oder Firmenwert hat es in sich. Das betroffene Unternehmen? Die Wild Bunch AG, ein Filmproduktionsunternehmen. Das Ausmaß durch die Korrektur? Erheblich. Der Wirtschaftsprüfer? Hat wohl etwas übersehen, trotz dass er nach eigener Auskunft genauer hingesehen hat. Betrachten wir das Ganze im Detail.
Was die Bafin beim Geschäfts- oder Firmenwert moniert hat
Die Wild Bunch AG hat in der Konzernbilanz 2019 nach Ansicht der Bafin die Geschäfts- oder Firmenwerte um 54 Mio. € zu hoch ausgewiesen. Die Unterlassung dieser Wertminderung verstößt gegen IAS 36.104 (a). Demnach muss eine Wertminderung dann erfasst werden, falls der erzielbare Betrag unterhalb des Buchwertes liegt.
Wie ermittelt sich der erzielbare Betrag? Er ist der höhere Betrag aus dem beizulegenden Zeitwert abzüglich der Veräußerungskosten und dem Nutzungswert. Der Fehler des Filmproduzenten lag nach den Feststellungen der Bafin bei der Ermittlung des Nutzungswertes.
Bei der Berechnung des Nutzungswert hatte das Unternehmen nicht den gegenwärtigen Zustand der betroffenen Einheit (sog. zahlungsmittelgenerierende Einheit) „Internationaler Vertrieb und Verleih sowie Filmproduktion“ zugrunde gelegt, sondern zukünftige Mittelzu- und -abflüsse berücksichtigt, die von einer Ausweitung der Geschäftstätigkeit sowie einer damit verbundenen Erhöhung der Ertragskraft über den gegenwärtigen Zustand hinausgehen. Dadurch hat sich ein zu hoher Nutzungswert ergeben, der keine Wertminderung erforderlich nach sich zog.
Was die Korrektur für die Bilanz der Wild Bunch AG bedeutet
Die Korrektur der Geschäfts- oder Firmenwerte durch die Fehlerfeststellung der Bafin hat es in sich. Denn der Buchwert der Geschäfts- oder Firmenwerte lag zum 31. Dezember 2019 bei 124 Mio. €. Also muss der Filmproduzent mehr als 40 % des Buchwertes abschreiben.
Kein Kleinbetrag, denn schließlich machen die Geschäfts- oder Firmenwerte etwas mehr als 40 % des gesamten Vermögens der Wild Bunch AG aus. Oder anders gesagt: Durch die Wertminderung schrumpft die Bilanz ordentlich zusammen. Damit schmilzt auch das Eigenkapital von zuvor 105 Mio. € um etwa die Hälfte ab.
Und der Gewinn? Den hatte die Gesellschaft auch ohne die Abschreibung 2019 nicht erzielt. Der Verlust belief sich in dem veröffentlichten Konzernabschluss für 2019 auf ca. 12 Mio. € nach Steuern. Erschreckend ist der Vergleich der Wertminderung mit den Umsatzerlösen: Diese lagen 2019 bei lediglich 78 Mio. €.
Was mir noch auffällt? Im Bestätigungsvermerk informiert der Abschlussprüfer darüber, dass die Werthaltigkeit der Geschäfts- oder Firmenwerte einer der Prüfungsschwerpunkte war. Wieso ist dann dieser Fehler nicht aufgefallen? Denn mögliche Fehlerrisiken hat sich der Wirtschaftsprüfer nach eigener Auskunft im Bestätigungsvermerk dazu auch angeschaut. Da wird die Wild Bunch AG sicherlich auch mit dem Abschlussprüfer noch ein ernstes Gespräch führen. Davon gehe ich zumindest aus. Denn wie kann ein so gravierender Fehler unentdeckt geblieben sein? Und das vor allem, da es einer der Prüfungsschwerpunkte des Konzernabschlusses war. Ich bin ratlos.
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