Die seit März 2020 geltenden, zeitlich befristeten Corona-bedingten Sonderregelungen beim Kurzarbeitergeld sollen verlängert. Der Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Beschäftigungssicherung infolge der COVID-19-Pandemie“ wird nach Zustimmung des Bundesrates in Kürze abschließend im Bundestag beraten (Beschäftigungssicherungsgesetz-BeschSiG / BR-Drs. 558/20 v. 6.11.2020).
Ein gutes Zeichen für eine weitere Sicherung eines stabilen Arbeitsmarktes in Deutschland.
Hintergrund
Die Corona-Pandemie hat seit März auch in der Wirtschaft ihre Spuren hinterlassen: Staatliche Schließungs- oder Betriebseinschränkungsanordnungen haben zu erheblichen Auftrags- und Umsatzeinbrüchen geführt, die auch eine Anpassung der Personalkapazitäten unausweichlich gemacht haben. Deshalb hat der Bundesgesetzgeber die in §§ 95 ff. SGB III enthaltenen Regelungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld wegen vorübergehender Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit aus wirtschaftlichen Gründen angepasst. Die im März eingeführten Sonderregelungen zum Kurzarbeitergeld (KUG) wären an sich Ende 2020 ausgelaufen, sollen nun aber verlängert werden, weil die Entwicklung in Wirtschaft und Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten angesichts der Corona-Pandemie weiter unsicher ist. Um einer Massenarbeitslosigkeit entgegenzuwirken und den Unternehmen die nach Ende der Pandemie dringend benötigten Fachkräfte zu sichern, sollen die KUG-Corona-Sonderregeln bis ins nächste Jahr verlängert werden.
Wie ist der aktuelle Stand?
Bereits durch RechtsVO des BMAS (BGBl. 2020 I S.2259) beschlossen wurden folgenden Maßnahmen:
- Verlängerung der Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld für Betriebe, die mit der Kurzarbeit bis zum 31.12.2020 begonnen haben, auf bis zu 24 Monate, längstens bis zum 31.12.2021.
- Verlängerung der Zugangserleichterungen zum Kurzarbeitergeld (Mindesterfordernisse, negative Arbeitszeitsalden) bis zum 31.12.2021 für Betriebe, die bis zum 31.3.2021 mit der Kurzarbeit begonnen haben.
- Verlängerung der Öffnung des Kurzarbeitergeldes für Leiharbeitnehmer bis zum 31.12.2021 für Verleihbetriebe, die bis zum 31.3.2021 mit der Kurzarbeit begonnen haben.
- Verlängerung der vollständigen Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge während der Kurzarbeit bis zum 30.6.2021. Vom 1.7.2021 bis 31.12.2021 werden die Sozialversicherungsbeiträge zu 50% erstattet, wenn mit der Kurzarbeit bis 30.6.2021 begonnen wurde.
Was ist noch geplant?
Durch das von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte „Gesetz zur Beschäftigungssicherung infolge der COVID-19-Pandemie“ (Beschäftigungssicherungsgesetz-BeschSiG) sollen die erhöhten Bezugsgrenzen beim Kurzarbeitergeld (KUG), die Hinzuverdienstgrenzen und die Erstattung der SV-Beiträge verlängert.
Im Einzelnen heißt das:
- Erhöhtes KUG bis Ende 2021:
Die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes auf 70 bzw.77 Prozent ab dem vierten Monat und auf 80 bzw.87 Prozent ab dem siebten Monat für alle Beschäftigten, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis März 2021 entstanden ist, soll bis Ende des Jahres 2021 verlängert werden. - Hinzuverdienst:
Die bestehenden befristeten Hinzuverdienstregelungen sollen durch das geplante Gesetz insoweit verlängert werden, als Entgelt aus einer geringfügig entlohnten Beschäftigung, die während der Kurzarbeit aufgenommen wurde, anrechnungsfrei bleibt. - Erstattung der SV-Beiträge:
Die hälftige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge für berufliche Weiterbildung in Zeiten des Arbeitsausfalls soll nicht mehr daran geknüpft werden, dass die Qualifizierung mindestens 50 Prozent der Zeit des Arbeitsausfalls betragen muss.
Der Bundesrat hat den Regierungsplänen am 6.11.2020 zugestimmt (BR-Drs-558/20). Der Bundestag befasst sich abschließend in zweiter und dritter Lesung mit dem BeschSiG noch im November, voraussichtlich am 20.11.2020. Die abschließende Zustimmung im Bundesrat gilt als Formsache. Die Verlängerungsregelungen können damit fristgerecht in Kraft treten.
Auswirkungen auf die Praxis und Bewertung
Im April 2020 waren rund 2,644 Mio. Menschen arbeitslos, 415.000 mehr als im April 2019. Kurzarbeit ist vor diesem Hintergrund ein wichtiges arbeitsmarktpolitische Instrument, um einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Im Mai 2020 nahmen 6,7 Mio. Menschen Kurzarbeitergeld in Anspruch, im Juni 2020 waren es 5,36 Mio. Menschen.
Zum Vergleich: Im Krisenjahr 2009 waren im Mai 2009 3,3 Mio. Anzeigen für Kurzarbeit bei der Bundesagentur für Arbeit eingegangen, 1,44 Mio. Menschen waren tatsächlich in Kurzarbeit. Im Oktober 2020 waren in Deutschland zwar „nur noch“ 3,286 Mio. Deutsche in Kurzarbeit. Dies war aber eine Folge der überraschenden Erholung der deutschen Wirtschaft im 3. Quartal 2020. Nach dem von Bund und Ländern am 28.10.2020 beschlossenen weitgehenden Lockdown – zunächst befristet bis Ende November – ist aber von einem wieder stark zunehmenden Druck auf die Wirtschaft und damit auch auf den Arbeitsmarkt auszugehen, der voraussichtlich bis weit in das Jahr 2021 anhalten wird.
So betrachtet ist die jetzt beschlossene Verlängerung der KUG-Bezugsbedingungen eine arbeitsmarktpolitisch notwendige und richtige Maßnahme – auch wenn die Finanzierung die öffentlichen Kassen abermals gravierend belasten wird, allein im Jahr 2021 mit rund 350 Mio. Euro.
Eine wichtige beschäftigungssichernde Brücke bis ins Jahr 2022!
Weitere Informationen:
- Zweite Verordnung über die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld
BGBL 2020 I S. 2165 (www.bgbl.de) - Erste Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung
BGBL 2020 I S. 2259 (www.bgbl.de) - BT-Drs. 19/23480
- BR-Drs. 558/20 (dipbt.bundestag.de)