Die gezahlte Kirchensteuer ist als Sonderausgabe abziehbar. Erstattungen von Kirchensteuer werden mit der gezahlten Kirchensteuer im Jahr der Erstattung verrechnet, mindern also die entsprechenden Sonderausgaben. Nun kann es Fälle geben, in denen der Erstattungsbetrag höher ist als die Zahlungen im betreffenden Jahr, zum Beispiel aufgrund eines Kirchenaustritts oder aufgrund von Feststellungen im Rahmen einer Betriebsprüfung (etwa durch die zeitliche Verschiebung von Betriebseinnahmen oder -ausgaben).
Früher wurde der Erstattungsüberhang mit der gezahlten Kirchensteuer des Jahres verrechnet, aus dem die Erstattung resultiert. Dazu wurde der Steuerbescheid dieses Jahres nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert. Seit 2012 wird der Erstattungsüberhang indes im selben Jahr dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzugerechnet (§ 10 Abs. 4b EStG).
Die Frage ist, ob durch die Hinzurechnung des Erstattungsüberhangs zum „Gesamtbetrag der Einkünfte“ der Verlustausgleich beeinflusst wird. Das heißt: Wie ist zu verfahren, wenn Verluste aus Vorjahren existieren, die vorgetragen worden sind, weil sie in den Vorjahren nicht mit positiven Einkünften ausgeglichen werden konnten?
Der BFH hat nun entschieden, dass ein Erstattungsüberhang aus zurückgezahlter Kirchensteuer nicht mit Verlustvorträgen ausgeglichen werden kann. Der Überhang ist daher – trotz Verlusten der Vorjahre – als Einkommen zu versteuern (Urteil vom 12.3.2019, IX R 34/17).
Im Streitfall wurde den Klägern in 2012 Kirchensteuer erstattet, die die Vorjahre betraf. Die Kläger gingen davon aus, dass der Erstattungsüberhang aus Kirchensteuer in Höhe von 166.744 EUR mit einem Verlustvortrag aus den Vorjahren zu verrechnen sei. Der BFH lehnt dies jedoch ab. Die Richter begründen die Ablehnung einer Verlustverrechnung damit, dass der Erstattungsüberhang wie die ursprüngliche gezahlte Kirchensteuer als – negative – Sonderausgabe zu berücksichtigen ist.
Durch die Hinzurechnung kann es daher dazu kommen, dass Einkommensteuer gezahlt werden muss, obwohl hohe Verluste aus Vorjahren vorhanden sind. Es kommt dann zu einer Besteuerung allein des Vorteils aus der Erstattung von Kirchensteuer. Dies gilt auch dann, wenn sich die erstatteten Kirchensteuern im Zahlungsjahr letztlich nicht steuermindernd ausgewirkt haben.
Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden gegen das Ergebnis nicht. § 10 Abs. 4b EStG enthalte eine zulässige Typisierung; die Vorschrift diene der Vereinfachung des Steuervollzugs.
Hinweis: Steuerpflichtige sollten besondere Sorgfalt walten lassen, wenn sie in ein anderes Bundesland verzogen sind und die Finanzverwaltung nicht auf die (alten) Datenbestände zurückgreifen kann. Denn wenn ich die Rz. 19 des Urteils richtig interpretiere, tragen die Steuerpflichtigen die alleinige Beweislast, wenn sie den Abzug von Kirchensteuer begehren. Anders ausgedrückt: Die vom Finanzamt vorgenommene Berücksichtigung von gezahlter und erstatteter Kirchensteuer müssen sie schon selbst sehr genau prüfen. „Ein übergeordnetes Gebot der steuerlichen Berücksichtigung von Privataufwendungen besteht nicht“ – so der BFH.
Weitere Informationen:
BFH v. 12.03.2019 – IX R 34/17
Lesen Sie hierzu auch:
- Meier, Kirchensteuer, infoCenter NWB SAAAB-13227
- Meier, Verlustausgleich – Verlustabzug, infoCenter NWB KAAAA-88455
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