Zur Bewältigung der Corona-Folgen soll der derzeitige erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld abermals verlängert werden. Wie ist das zu bewerten?
Hintergrund
Ich habe mehrfach berichtet: Zur Bewältigung der Folgen der Corona-Krise am deutschen Arbeitsmarkt hat der Bund einen erleichterten Zugang zum Bezug von Kurzarbeitergeld geschaffen, um einen rapiden, coronabedingten Anstieg der Arbeitslosigkeit zu vermeiden und Arbeitsplätze zu erhalten. Diese Regelungen wurden mehrfach verlängert. Derzeit können Betriebe, die bis zum 30.9.2021 Kurzarbeit einführen, einen erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld bekommen. So reicht es aus, wenn 10 Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind (statt 30 Prozent). Auch Leiharbeitskräfte können Kurzarbeitergeld bekommen. Der Staat erstattet außerdem die Sozialversicherungsbeiträge bei Kurzarbeit vollständig ‑ ab Oktober 2021 würden die Beiträge nachaktueller Rechtslage nur noch zur Hälfte übernommen.
MPK-Konferenz empfiehlt Verlängerung des erleichterten Zugangs
Der Beschluss der Ministerpräsidenten/innen der Bundeskanzlerin (MPK) vom 10.8.2021 sieht unter TOP 2 (Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie), Ziff.7 S. 2 vor, dass die Länder den Bund bitten, neben der Überbrückungshilfe auch den erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld verlängern. In Diskussion ist dabei eine Verlängerung bis 31.12.2021.
Was ist von der Verlängerungsplänen zu halten?
Richtig ist, dass der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld eine wichtige Funktion zur Vermeidung eines starken Anstiegs der Arbeitslosigkeit erfüllt hat. Wie das Dashboard des BMWi vom 10.8.2021 ausweist, waren noch im April 2021 2,47 Mio. Kurzarbeitende zu verzeichnen, davon 19,5% im verarbeitenden Gewerbe, 19,1% im Handel und 22,3 % in der Gastronomie. Nach einer Ifo-Umfrage ist allerdings im Juli 2021 die Zahl der Kurzarbeiter spürbar um 335.000 auf 1,06 Mio. gesunken. Stark rückläufig hat sich die Kurzarbeit vor allem in den Branchen mit Lockerungen der Corona-Maßnahmen entwickelt: Im Einzelhandel sank der Anteil von 3,8 auf 1,7%, im Gastgewerbe von 27,8 auf 17,2 % der Beschäftigten; nur in der Industrie stieg der Anteil der Kurzarbeiter im Juli leicht auf 3,6%, jedoch nicht coronabedingt, sondern aufgrund von Lieferengpässen bei Vorprodukten oder Rohstoffen.
Zurecht kritisieren meines Erachtens deshalb führende Ökonomen den Vorstoß zu Verlängerung des erweiterten Kurzarbeitergeldes: Nachdem nach erfolgten staatlichen Lockerungsmaßnahmen die deutsche Konjunkturlokomotive deutlich an Fahrt aufgenommen hat, scheint eine Verlängerung zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht und nicht erforderlich. Wenn der Staat jetzt abermals den erleichterten Zugang (bis Jahresende?) verlängert, droht er falsche Anreize zu setzen und Mitnahmeeffekte zu fördern. Die Rolle des Staates ist auch nicht, Insolvenzen aufzuhalten, die nicht zwingend coronabedingt sind. Die rückläufige Kurzarbeit belegt gerade, dass sich der Arbeitsmarkt inzwischen wieder positiv entwickelt, auch ohne die Stabilisierungsfunktion einer erweiterten Kurzarbeiterregelung. Und schließlich sollte die Politik im Blick haben, dass das Kurzarbeitergeld schon lange nicht mehr aus den Kassen der Bundesanstalt für Arbeit, sondern aus Steueraufkommen finanziert werden muss.
Fazit:
Es fehlt jedenfalls derzeit an einem einleuchtenden Legitimationsgrund, um den erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld abermals zu verlängern – Finger weg!
Quellen