Folgender Fall ist in der Praxis gar nicht so selten: Sohn oder Tochter erhalten im Zuge der vorweggenommenen Unternehmensnachfolge einen Betrieb bzw. Anteile an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft. Weil der Übergebende noch Schulden hat, gewähren ihm die Übernehmer ein Darlehen, damit dieser seine Verbindlichkeiten tilgen kann. Das Darlehen wird endfällig verzinst, das heißt, die Zinsen sollen erst mit der Darlehenstilgung gezahlt werden. Tatsächlich wissen ohnehin alle Beteiligten, dass das Darlehen niemals zurückgezahlt wird, sondern sozusagen mit dem Tode von Vater oder Mutter erlischt. Nun stellt sich die Frage, ob die bis dahin aufgelaufenen Zinsen im Todeszeitpunkt der Einkommensteuer (bzw. gegebenenfalls der Abgeltungsteuer) unterliegen oder ob diese durch die Konfusion von Forderung und Erbschaft/Verbindlichkeit erloschen und damit nicht zu versteuern sind.
Das Gleiche gilt natürlich auch für andere Forderungen im Zusammenhang mit Einkünften, zum Beispiel bislang nicht ausgezahlte Tantiemen (sofern diese bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer nicht ohnehin als zugeflossen gelten). Meines Erachtens ist die Frage – soweit ersichtlich – zumindest bei einem Alleinerben noch nicht abschließend geklärt. Ich habe lediglich folgende Entscheidungen finden können:
Das FG Hamburg hat entschieden, dass bei einer Erbengemeinschaft ein Zufluss gegeben ist. Die Frage, ob dies bei auch einem Alleinerben gilt, hat es aber offen gelassen (FG Hamburg 1.10.2009, 6 K 45/07). Das FG Nürnberg bejaht einen einkommensteuerpflichtigen Zufluss hingegen (Urteil vom 5.11.1993, VI 215/90), während das FG Düsseldorf in einem – zugegebenermaßen sehr alten – Urteil einen einkommensteuerpflichtigen Zufluss aufgrund der Konfusion von Forderung und Erbschaft/Verbindlichkeit ablehnt (FG Düsseldorf 29.6.1964, VII 48/63 E). Sofern anderweitige Urteile bekannt sind, wäre ich für einen entsprechenden Hinweis dankbar.
Ich selbst würde den Sachverhalt im Rahmen der Einkommensteuererklärung selbstverständlich offen darlegen, allerdings auf das Düsseldorfer Urteil hinweisen und gegen einen ablehnenden Bescheid Einspruch einlegen.
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