Sind Umzugskosten abzugsfähig, wenn Homeoffice nach dem Umzug möglich wird?

Rechtsprechung: Kostenabzug erfordert Fahrzeitverkürzung durch Umzug

Die berufliche Veranlassung eines Wohnungswechsels wird nach ständiger Rechtsprechung anerkannt, wenn durch ihn eine erhebliche Verkürzung der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte eintritt. Eine erhebliche Fahrzeitverkürzung ist dabei anzunehmen, wenn sich die Dauer der täglichen Hin- und Rückfahrt insgesamt um mindestens eine Stunde ermäßigt.

Wenn der Umzug das Homeoffice erst ermöglicht

Im Schlepptau der Corona-Pandemie ist die (teilweise) Tätigkeit im Homeoffice unfreiwillig stärker in das Blickfeld von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gerückt worden. Das politisch kontrovers diskutierte „Recht auf Homeoffice“ dürfte diese Entwicklung weiter vorantreiben. Da in der bisherigen Wohnung regelmäßig kein ungenutzter Raum vorhanden ist, in dem ein häusliches Arbeitszimmer eingerichtet werden könnte und das Homeoffice – in einer Arbeitsecke oder am Küchentisch – vielleicht nur mit Kompromissen funktioniert, dann wird bei der Wahl einer neuen Bleibe häufig auch die Umsetzbarkeit eines heimischen Arbeitsplatzes erwogen werden.

Können Umzugskosten demnach allein wegen der beabsichtigten Einrichtung eines Homeoffice beruflich veranlasst – und damit steuermindernd abziehbar – sein?

In der Rechtsprechung bisher nicht abschließend geklärt

Die Rechtsprechung hat sich hierzu bisher nicht eindeutig geäußert. Zugegebenermaßen sind die betreffenden Entscheidungen schon etwas älter. Modernisierungstrends in der Arbeitswelt konnten die Urteile daher noch nicht aufgreifen und bewerten.

Danach begründet die wesentliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch die Nutzung eines Homeoffice noch keine berufliche Veranlassung der Umzugskosten. Zieht ein Arbeitnehmer in eine größere Wohnung um, so reicht es für die Anerkennung der Umzugskosten als Werbungskosten nicht aus, wenn dadurch lediglich eine Fahrzeitverkürzung zur Arbeitsstätte von 20 Minuten arbeitstäglich eintritt, die neue Wohnung erstmalig aber auch die Einrichtung eines Arbeitszimmers erlaubt (BFH-Urteil vom 16.10.1992, Az. VI R 132/88, BStBl II 1993 S. 610).

Mit Urteil vom 29.07.2014 (Az. 6 K 767/14) befand das FG Baden-Württemberg, dass Umzugskosten eines Arbeitnehmers nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen seien, wenn der Wohnungswechsel zwar die Einrichtung eines Arbeitszimmers ermögliche, sich aber die Wegzeiten zur Tätigkeitsstätte verlängern. Beiden Entscheidungen ist anzumerken, dass dich die Gerichte nicht von der typisierenden Betrachtung der Fahrtzeitverkürzung lösen. Doch auch durch die erstmalig mögliche Tätigkeit im Homeoffice können sich Fahrtzeitverkürzungen ergeben, sofern Fahrten zum Arbeitsplatz im Vergleich zur Situation vor dem Umzug wegfallen. Ob dabei die erforderliche Schwelle Verkürzung der Dauer der täglichen Hin- und Rückfahrt insgesamt um mindestens eine Stunde erreicht wird, ist einzelfallabhängig.

Homeoffice vs. häusliches Arbeitszimmer nach Umzug

Eine andere Frage bietet Diskussionsstoff. Der private Umzug wird grds. von privaten Erwägungen dominiert. Berufliche Gründe treten ergänzend hinzu. Bei erheblicher Fahrzeitverkürzung treten die beruflichen Gründe des Umzugs derart in den Vordergrund, dass die Rechtsprechung eine überwiegende berufliche Veranlassung und daher den steuermindernden Abzug bejaht. Bei der erstmaligen Einrichtung eines (abgeschlossenen) häuslichen Arbeitszimmers, nachdem der Umzug erst den zusätzlichen Raumgewinn ermöglicht hat, ist eine entsprechende berufliche Veranlassung auch noch deutlich abgrenzbar. Denn zuvor war kein häusliches Arbeitszimmer vorhanden und der Stpfl. hätte auch eine Wohnung ohne Arbeitszimmer-Option wählen können.

Beim Homeoffice ist die Sachlage diffiziler. Ein wenig freier Platz zum Arbeiten konnte doch bereits in der vormaligen Wohnung geschaffen werden. Bleibt daher ein greifbarer beruflicher Mehrwert aus dem Umzug – auch wenn erst danach erstmals die Tätigkeit aus dem Homeoffice wahrgenommen wird? Meines Erachtens nicht.

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