Die bösen Prüfer – seit dem Zusammenbruch des ehemaligen DAX-Konzerns Wirecard wird immer wieder auf die Wirtschaftsprüfer geschossen. So nun auch im Fall des Signa-Imperiums. Ein Wiener Rechtsanwalt hat nun die erste Klage gegen den Signa-Abschlussprüfer BDO eingereicht. Es ist die erste, aber wohl nicht die letzte Klage gegen einen Wirtschaftsprüfer von Signa.
Waren die Prüfer wieder einmal nicht streng genug? Gehen wir auf Spurensuche. Und an alle Kritiker meiner Ausführungen: Ich will die Erwartungslücke in der Öffentlichkeit verkleinern. Der Fall Signa bietet sich dafür an, denn auch ich kann nicht über alles reden.
Was BDO vorgeworfen wird
Der klagende Rechtsanwalt wirft BDO vor, die angeblich unzulässige Einlagenrückgewähr in den Jahren 2021 und 2022 nicht beanstandet zu haben. Dafür soll die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nun haften. „Hätte die BDO die Prüfungen der Jahresabschlüsse der Signa Holding 2021 und 2022 ordnungsgemäß durchgeführt, die Redepflicht ausgeübt und keine unbeschränkten Bestätigungsvermerke ausgestellt, dann wäre durch die Geschäftsführung der Signa Holding oder deren Gläubiger (Investoren) ein Insolvenzverfahren beantragt worden“, heißt es laut dem Österreichischen Rundfunk in der Klage.
Die Konsequenz? Das Ende des Signa-Imperiums wäre dann nicht erst im Herbst 2023, sondern bereits im April 2022 gekommen. Zudem hätten die Investoren dann Investitionen fällig gestellt oder nicht in die Signa Holding investiert. Für den entstandenen Schaden soll nun BDO haften, da die Signa Holding zum Zeitpunkt der Jahresabschlussprüfungen 2021 bzw. 2022 bereits zahlungsunfähig war.
Der schmale Grat der Abschlussprüfer
Sind die Prüfer „zu lasch“, wird ihnen das vorgeworfen. Und dann wollen sie nicht einmal in der Presse dazu Stellung nehmen. Das höre ich immer wieder. Aber Vorsicht: Sie unterliegen der Verschwiegenheitspflicht ihrer Mandanten. Welcher in der Öffentlichkeit stehende Mensch würde sich freuen, wenn sein Hausarzt in der Presse zu seiner Krankengeschichte Stellung nimmt? Sicher niemand. Ähnlich verhält es sich mit den Finanzen eines Unternehmens.
Gibt es „zu strenge“ Wirtschaftsprüfer? Ob streng oder zu streng, darüber lässt sich sicher streiten. Aber meine Erfahrung zeigt: Strenge Prüfer kommen zum Beispiel bei Investoren nicht immer gut an. Statt zu sagen: Danke, lieber Prüfer, für deine Hinweise und die gute Arbeit – drohen sie eher mit Klagen. Auch aus dem Unternehmen kommt oft Gegenwind: Der Prüfer wird ausgetauscht.
Kürzlich erzählte mir ein Wirtschaftsprüfer folgende Geschichte von einem kommunalen Unternehmen, das wegen zahlreicher Mängel keinen Bestätigungsvermerk erhalten hatte. Er erkundigte sich beim Bürgermeister, ob die Probleme behoben seien. Dieser antwortete: „Der Wirtschaftsprüfer wurde ausgetauscht.“
Und genau hier liegt das Problem: Ein strenger Prüfer wird ausgetauscht, anstatt ihm für seine Arbeit zu danken und die kritisierten Probleme zu beheben. Denn eines ist sicher: Mit dem Wechsel des Abschlussprüfers sind die Probleme nicht gelöst. Noch ein Hinweis: Wenn der Prüfer mehrmals gewechselt wurde, ist das für mich ein Warnsignal.
Fazit
Wenn ein Unternehmen wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt, stehen die Abschlussprüfer immer schnell im Kreuzfeuer der Kritik. Wenn sie streng sind, sind sie aber auch schneller mit Klagen von Anlegern konfrontiert, als wenn sie weniger streng sind. Wenn ein Testat für Investoren wieder zu einem Gütesiegel werden soll, dann sollten sie vor allem eines tun: sich bei einem strengen Prüfer bedanken und das Unternehmen auffordern, an den kritisierten Punkten zu arbeiten.
Weitere Informationen:
Das sind valide Punkte, die hier gebracht werden. Im Idealfall sollte das auch so sein. Es hat ja auch zudem einen historischen Grund, warum es den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer gibt. Ich denke jedoch auch, dass hier der Berufsstand in Verantwortung genommen werden muss. Denn (die Gründe sind wohl offensichtlich) aus standesrechtlicher Sicht kann man sich durchaus die Frage stellen, warum manche Punkte derartig diametral beurteilt werden (können). Und wenn man aus Honorarüberlegungen dann doch zu dem einen oder anderen Punkt einen großzügigeren Ansatz hat, dann ist das doch (hoffentlich) rechtfertigbar und dokumentiert. Da kann man einer Klage gelassen entgegentreten.
Wenn nicht, scheint mir eine (gerichtliche) Verantwortung nicht von der Hand zu weisen.