Zahlreiche Wahlrechte im Einkommensteuergesetz sehen nicht ausdrücklich vor, bis wann sie ausgeübt werden müssen, können oder dürfen. Die Grundregel lautet daher: Solange der Bescheid noch nicht bestandskräftig ist, darf das Wahlrecht auch ausgeübt oder geändert werden. Ist jedoch Bestandskraft gegeben gilt: rien ne va plus, nichts geht mehr! So zumindest bisher!
Aufgrund einer neuen Entscheidung des BFH (Az: X R 44/13) können einkommensteuerrechtliche Wahlrechte nun auch noch nach Eintritt der Bestandskraft ein Bescheides erstmalig ausgeübt und geändert werden. Dies gilt zumindest dann, wenn das Finanzamt anstelle des ursprünglichen bestandskräftigen Bescheids einen steuererhöhenden Änderungsbescheid erlässt, dessen Inhalt es notwendig mach sich über eine geänderte oder auch erstmalige Wahlrechtsausübung überhaupt erst Gedanken zu machen.
Der Urteilssachverhalt verdeutlich was damit gemeint ist: Der Kläger hatte im Streitjahr sein Einzelunternehmen eingestellt und ist zudem aus einer Personengesellschaft ausgeschieden. In der Steuererklärung wollte er den Freibetrag aus § 16 Abs. 4 EStG auf den Aufgabegewinn der Einzelunternehmung anwenden. Die Besonderheit: Bei Abgabe der Steuererklärung war die Höhe des Veräußerungsgewinns der Personengesellschaft noch nicht bekannt. Dieser wurde erst über besagten steuererhöhenden Änderungsbescheid in die Veranlagung aufgenommen. Insoweit erlaubte es der BFH den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG auf den höheren Veräußerungsgewinn zu ändern.
Zu beachten ist dabei jedoch, dass die nachträgliche Antrags- und Wahlrechtsausübung auch Grenzen kennt. Einmal kann natürlich zeitlich nur bis zur formellen Bestandskraft des Änderungsbescheids geändert werden. Hinsichtlich der Änderungshöhe sind zudem Grenzen durch die eigentliche Änderung des Änderungsbescheids (vgl. § 351 Abs. 1 AO) gesetzt. In diesen Grenzen ist eine Änderung jedoch möglich.
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