Showdown in Karlsruhe: Am 26.3.2025 entscheidet das BVerfG über den „Soli“

Am 26.3.2025 wird das BVerfG seine Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags 2020/2021 entscheiden. Sowohl für die Steuerzahler als auch für den Fiskus steht viel auf dem Spiel.

Hintergrund

Der Gesetzgeber hat mit dem „Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995“ (v. 10.12.2019, BGBl. I 2019 S. 2115) den Solidaritätszuschlag für das Jahr 2020 unverändert weitererhoben und ab dem Jahr 2021 die in § 3 SolZG 1995 vorgesehene Freigrenze angehoben, wodurch rund 90 Prozent der Zahler der veranlagten Einkommensteuer und der Lohnsteuer nicht mehr mit dem Solidaritätszuschlag belastet werden sollten. Seit VZ wird der „Soli“ als Zuschlag zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer nur noch von 10 Prozent sog. „Besserverdiener“ erhoben.

Das Verfahren vor dem BVerfG war im Jahr 2020 durch Mitglieder des Vorstands der FDP-Bundestagsfraktion angestrengt worden – noch bevor die FDP im Jahr 2021 Teil der Regierungskoalition wurde. Die Beschwerdeführer verfolgen das (politische) Ziel der vollständigen Abschaffung des Solidaritätszuschlags für alle Steuerzahler mit Wirkung zum 1.1.2020. Sie meinen, dass die Weitererhebung des ursprünglich mit den Kosten der Wiedervereinigung begründeten Solidaritätszuschlags mit Auslaufen des sog. Solidarpakts II am 31.12.2019 verfassungswidrig geworden sei. Daneben rügen sie eine durch das Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 bewirkte Ungleichbehandlung von verschiedenen Einkommensbeziehern. Die mündliche Verhandlung vor dem BVerfG hat am 26.9.2024 stattgefunden – ich habe im Blog berichtet.

Welche Szenarien sind denkbar?

Der BFH hat noch im Jahr 2023 die Ansicht vertreten, dass der Solidaritätszuschlag in den Jahren 2020 und 2021 noch nicht verfassungswidrig war (BFH, Urteil v. 17.1.2023 – IX R 15/20). Allerdings besteht aus BFH-Sicht nach 30 Jahren (also im Jahr 2025) eine Überprüfungspflicht des Gesetzgebers, ob die Voraussetzungen für eine Weitererhebung des Soli noch vorliegen.

Im Anhörungsverfahren vor dem BVerfG haben zahlreiche Wissenschaftler und Verfassungsjuristen schwerwiegende Bedenken gegen die Weitererhebung des Soli erhoben, etwa auch die Bundessteuerberaterkammer – die Stellungnahmen sind auf den Internetseiten des BVerfG nachlesbar.

Das BVerfG wird in seinem Urteil im Kern mit den Anforderungen an die Erhebung einer Ergänzungsabgabe (Art. 105 Abs.2, Art.106 Abs.1 Nr.6 GG) befassen müssen, vor allem im Hinblick auf die zeitliche Befristung solcher Abgaben und die hieraus resultierende besondere Begründungspflicht des Gesetzgebers. Ferner wird das BVerfG entscheiden, ob es dem Gleichheitssatz (Art.3 Abs. 1 GG) noch genügt, wenn die Soli-Zahlung (seit 2021) auf 10 Prozent der Steuerzahler ganz oder teilweise beschränkt ist; hiervon betroffen sind immerhin rund 6 Mio. Steuerzahler in Deutschland. Als Entscheidungsalternativen sind denkbar:

  • Das BVerfG weist die Beschwerde zurück und hält die eingeschränkte Soli-Erhebung oder zeitliche Befristung für verfassungskonform. Das wäre ein Segen für den Fiskus, weil dann weiterhin Steuereinnahmen gesichert wären und ein kleines Stück Planungssicherheit für die Haushalte ab 2025 ff entstünde.
  • Das BVerfG erklärt die Soli-Erhebung rückwirkend ab VZ 2020 für verfassungswidrig und nichtig. Dann müsste der Gesetzgeber nicht nur eine Neuregelung erlassen, sondern müsste ggf. sogar gezahlten Soli rückwirkend an die Steuerzahler erstatten – das ist ein wenig wahrscheinliches Szenario.
  • Das BVerfG erklärt die weitere Soli- Erhebung als mit dem Grundgesetz unvereinbar und setzt dem Gesetzgeber eine Umsetzungsfrist für eine Neuregelung des Soli durch den (neuen) Bundestag.

Was wird die künftige Bundesregierung tun ?

Die zerbrochene Ampel-Regierung hat Steuereinnahmen aus dem Solidaritätszuschlag in Höhe von 12,75 Mrd. Euro fest in den Haushaltsentwurf 2025 eingeplant, dieser Haushalt ist aber auch Mitte März 2025 noch nicht verabschiedet, da der neugewählte Bundestag noch nicht konstituiert ist. 12,75 Mrd. Euro wirken angesichts des von dem künftigen Koalitionspartner beschlossenen, vom Bundestag aber erst noch zu beschließenden Finanzpakets von mehreren Hundert Mrd. Euro wie „Peanuts“. In der langfristigen Betrachtung wäre ein vom BVerfG verordneter vollständiger künftiger Verzicht auf den Soli ein abermaliger „Schlag ins Kontor“, weil damit ein weiteres tiefes Loch im Bundeshaushalt entstünde, das erstmal gestopft werden muss – sei es durch Steuermehreinnahmen oder Minderausgaben an anderer Stelle.

Jedenfalls die Union hat im Bundestagswahlkampf – genauso wie die jetzt nicht mehr im neuen Bundestag vertretene FDP – die Abschaffung des Solidaritätszuschlages für alle gefordert. Damit ist sie bei den Steuerzahlern „im Wort“. Denkbar wäre dabei ein mehrjähriger Stufenplan zum vollständigen Abbau des Soli. Warten wir also ab, welche Handlungszwänge sich aus der Entscheidung des BVerfG am 26.3.2025 ergeben – wir bleiben dran!

Weitere Informationen:

Bundesverfassungsgericht – Homepage – Urteilsverkündung in Sachen „Solidaritätszuschlag 2020/2021“ am Mittwoch, den 26. März 2025, 10.00 Uhr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

+ 5 = 14