Delivery Heros kreative Kennzahlen

Freitagabend, nach einer anstrengenden Woche, der Magen knurrt. Wer hat da noch Lust auf Kochen? Ein paar Klicks und Essen ist bestellt. Lieferung nach Hause. Und dass in weniger als einer Stunde. Das Essen selbst abholen? Muss nicht sein. Dann lieber bei einem anderen Lieferservice bestellen. Auch ich nutze ab und zu diesen „Luxus“. Was auffällt? Die Lieferung bieten viele nicht an, so zumindest in meiner Umgebung. Da kommt die Frage auf: lohnt sich das Ganze überhaupt?

Das ist eine gute Frage. „Obwohl der Umsatz sich mehr als verdoppelt hat, ist das Unternehmen kaum rentabler geworden. Delivery Hero hat bislang nicht belegt, dass das Geschäftsmodell skalierbar ist.“ So wurde ich im Aktiendossier der Wirtschaftswoche vor zwei Jahren zitiert. Diese Frage stellt sich immer noch, wie ich finde. Denn warum sonst sollten kreative Kennzahlen genutzt werden, um ein defizitäres Geschäft als profitabel darzustellen? Wie Delivery Hero dies macht? Schauen wir uns dazu die Details an.

Wie Delivery Hero Geschäft profitabel aussehen lässt

Als Außenstehende ist es schwierig, einen Überblick über die vielen Zukäufe und Verkäufe von Delivery Hero zu behalten. Es stellt sich die Frage: Was sind die Hintergründe der unübersichtlichen Shoppingaktivitäten? Dies mag sicherlich strategische Gründe haben. Zu Beginn versucht man, in einem Land Fuß zu fassen. Nach einiger Zeit zeigt sich dann, dass die Geschäftschancen überschätzt wurden und man sich doch wieder etwas mehr fokussieren sollte. Flops zeigen sich in den Zahlen durch Abschreibungen auf die gekauften Unternehmen.

Bei der Hauptversammlung vor wenigen Wochen wurden kreative Kennzahlen dargestellt, die man hinterfragen sollte. Anstatt von Umsatz und Gewinn wurden Bruttowarenwert und das beliebte EBIDTA in den Vordergrund gehoben. Während das EBITDA auch bei vielen anderen Konzernen präsentiert wird, ist der Bruttowarenwert eine Branchenkennzahl.

Doch Achtung: Der Bruttowarenwert ist nicht mit dem Umsatz gleichzusetzen. Er stellt die Summe aller über die Plattform von Delivery Hero erfolgten Bestellungen dar. Darin enthalten ist somit auch der Anteil für die Restaurants, die das Essen zubereiten. Wozu das Ganze? Um Anleger zu beeindrucken, die diese Kennzahl nicht genauer hinterfragen. Denn anders als der Umsatz unterliegt der Bruttowarenwert nicht Rechnungslegungsvorschriften.

Und das EBITDA? Nette Info, aber für die Tonne würde ich sagen. Böse Zungen nennen sie auch „Gewinn vor allem“. Denn die Posten zur Ermittlung dieses bereinigten Gewinns wirken sich in der Regle nur negativ aus – Zinsen, Abschreibungen, Steuern. Doch muss ein Unternehmen langfristig auch diese Kosten einbringen, ansonsten hat das Geschäftsmodell dauerhaft keine Zukunft. Wieso das EBIDA so hervorgehoben wurde? Anders als das operative Ergebnis ist es positiv. Und über einen Gewinn freuen sich Aktionäre bekanntlich mehr als über einen Verlust.

Was man sich anschauen sollte

Bei präsentierten Zahlen sollte man kritisch sein. Ein Blick in die GuV von Delivery Hero zeigt ein anderes Bild der Zahlen des letzten Geschäftsjahres: Ein negatives operatives Ergebnis bedingt unter anderem durch hohe Marketing- und Verwaltungskosten. Und das trotz des herausragendes Bestellerlebnisses, das bei der Beschreibung des Geschäftsmodells hervorgehoben wird.

Kurzum, es lohnt sich im Geschäftsbericht nach den „harten“ Fakten zu schauen. Neben den Umsatzerlösen sind dies die größten Kostenpositionen des Geschäftsmodells: Umsatzkosten, Marketing, Verwaltung, IT-Aufwendungen. Daneben spielen auch Abschreibungen und Zinsen eine wichtige Rolle. Abgesehen von den Abschreibungen wirken sich auch alle genannten negativ auf die Liquidität des Unternehmens aus. Und nicht zu vergessen: Geringere Marketingaktivitäten bedeuten zwar sofort geringere Kosten, aber sicherlich hat dies auch direkte Auswirkungen auf die Umsatzerlöse. Eine Stellschraube, mit der man schnell für bessere Zahlen sorgen kann. Allerdings nur vorübergehend.

Fazit:

Das Beispiel Delivery Hero zeigt sehr deutlich, dass man sich durch einen Blick die Zahlen einen besseren Überblick über den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens machen kann durch die Präsentation des Vorstands in der Hauptversammlung. In diesem Sinne: Viel Freude bei der Lektüre.

Weitere Informationen:

• Uber steigt bei Delivery Hero ein und übernimmt Taiwan-Geschäft (finance-magazin.de)
• Kann Delivery Hero jemals Geld verdienen? (wiwo.de)
• Delivery Hero: Gut verstecktes Grauen (wiwo.de)