Serie Risiko Bilanz – wo man genauer hinschauen sollte: Risiken durch Nichteinhaltung von Kreditkonditionen in Russland

Wie riskant das Russland-Geschäft für den deutsch-russischen Agrar-Konzern Ekosem ist, hatten wir im ersten Teil der neuen Serie genauer angeschaut. Im zweiten Teil zu Ekosem gehen wir nun der Frage nach, worauf EY als Vorgänger des derzeitigen Abschlussprüfers bereits seit einigen Jahren – und damit vor Ausbruch des Ukraine-Krieges – hingewiesen hat.

Risiken im Abschluss

Im Bestätigungsvermerk des Geschäftsberichtes 2017 findet sich ein besonderer Hinweis, bei dem EY als Abschlussprüfer auf das bestandsgefährdende Risiko des Agrarkonzerns hingewiesen hat (§ 322 Abs. 2 Satz 3 HGB). Dieser Hinweis muss in einem separaten Abschnitt erfolgen und wird mit der Überschrift „wesentliche Unsicherheit im Zusammenhang mit der Fortführung der Unternehmenstätigkeit“ versehen.

Warum dies bei Ekosem der Fall war? Der Abschlussprüfer weist auf das im Risikobericht beschriebene Liquiditätsrisiko und die dort dargestellten Sachverhalte hin, wonach der Fortbestand der Unternehmensgruppe wesentlich von der Fähigkeit des Konzerns davon abhängt, ob künftig ausreichend Zahlungsmittel zur Begleichung von Verbindlichkeiten erwirtschaftet werden können.

Stellt sich die Frage nicht auch bei anderen Unternehmen? Die Besonderheit an diesem Fall ist die Tatsache, dass in der Vergangenheit die Kreditkonditionen für bestimmte kurzfristige Darlehen in Russland nicht eingehalten wurden.

Bereits im Geschäftsjahr 2016 berichtet der Konzern im Risikobericht über das bestehende Liquiditätsrisiko, u.a. aufgrund von Vertragsbrüchen:

„Darüber hinaus sieht sich die Ekosem-Agrar Gruppe einem potenziellen Liquiditäts- und Finanzierungsrisiko ausgesetzt, welches sich aufgrund der nicht eingehaltener Vertragsklauseln ergibt. Die Ekosem-Agrar Gruppe hat zum 31.12.2016 Vertragsbrüche bei einigen langfristigen Bankkrediten begangen. Die Banken haben nach Hinweis auf die Vertragsbrüche von Sanktionen abgesehen. Eine mögliche Sanktion wäre die Fälligstellung der Kredite, die die Gruppe nicht bedienen könnte.“ (Ekosem Agrar Geschäftsbericht 2016, S. 36)

Auswirkungen auf den Abschluss

Der Hinweis im Bestätigungsvermerk zur Unsicherheit hinsichtlich der Unternehmensfortführung findet sich nicht nur im Geschäftsbericht 2016, sondern auch in den folgenden Jahren bis 2019. Wie bereits im ersten Beitrag der Serie im Oktober berichtet, hat der Konzern 2020 und 2021 einen Versagungsvermerk erhalten. Die Veröffentlichung des Geschäftsberichtes für 2022 steht für das aktuelle Quartal noch als Termin im Finanzkalender auf der Website des Unternehmens (Stand: 17. Oktober 2023).

Was sind nun die Auswirkungen auf den Abschluss? Wie sich an diesem Fall zeigt, kann auch bei einem derartigen bestandsgefährdenden Risiko das Geschäft des Unternehmens weitergehen. Über den Vertragsbruch durch den Agrarkonzern wird im Anhang des Geschäftsberichtes auf Seite 96f. detailliert berichtet. Informationen über die Nichteinhaltung der Kreditkonditionen in Russland seitens der Banken wird jedoch nur im Bestätigungsvermerk vom Abschlussprüfer klar berichtet.

Dieses Beispiel zeigt: Es lohnt sich, sich den Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers genauer anzuschauen. Insbesondere bei einem Hinweis zur Unsicherheit hinsichtlich der Fortführung des Unternehmens kann dieser wichtige Informationen liefern.

Der Blick in die älteren Geschäftsberichte von Ekosem zeigt vor allem auch, dass der Versagungsvermerk keinesfalls überraschend war. Zu der schwierigen Lage vor Kriegsausbruch kommen nun weitere Herausforderungen auf den Agrarkonzern zu. Doch auch für den Abschlussprüfer ist die Prüfung des Abschlusses sicherlich keine leichte Aufgabe.

Im Dezember erfahren Sie, welche weiteren Risiken in der Bilanz stecken können.

Weitere Informationen:

 

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