Serie Risiko Bilanz – wo man genauer hinschauen sollte: Personalabbau beschert SAP hohen Verlust

Personalabbau. Ein Thema, das derzeit viele Unternehmen beschäftigt. „Umbau von SAP trifft Tausende Beschäftigte“ – solche Schlagzeilen liest man derzeit häufiger. „SAP zahlt so großzügige Abfindungen, dass es dumm wäre zu bleiben“ – so die Überschrift eines Interviews mit dem Betriebsratschef bei SAP (capital.de).

Nicht alle Maßnahmen zum Personalabbau werden in der Presse thematisiert. An welcher Stelle in den veröffentlichten Berichten man sich darüber mehr Klarheit verschaffen kann, zeigt dieser Beitrag.

Wo man etwas über den geplanten Stellenabbau erfährt

Restrukturierung ist ein Thema, das derzeit Hochkonjunktur hat. Digitale Transformation, sinkende Nachfrage, schwache Konjunktur – die Gründe dafür sind vielfältig. Während beispielsweise Personal mit KI-Kompetenz dringend gesucht wird, gibt es an anderer Stelle zu viel Personal. Unabhängig von den Gründen zeigt sich die Bedeutung der aktuellen Restrukturierungen auch sehr deutlich in den Finanz- bzw. Zwischenberichten der Unternehmen, wie wir uns gleich am Beispiel von SAP anschauen.

Doch wo muss man hinschauen, um mehr über Stellenabbau und Co. Zu erfahren? Zunächst in die Bilanz. Genau genommen zu den Rückstellungen. Dort findet sich in einer IFRS-Bilanz die Abgrenzung zwischen kurz- und langfristigen Schulden, wozu die Rückstellungen zählen. Denn anders als die Rücklagen zählen Rückstellungen zum Fremdkapital. Zwei Begriffe, die in der Praxis immer wieder verwechselt werden.

Zurück zur Bilanz. Wenn wir die Rückstellungen gefunden haben, finden wir dort die Angabe der Buchwerte. Für mehr Details ist ein Blick in den Anhang erforderlich. Ein Verweis auf die entsprechende Ziffer findet sich in der Bilanz.

Bei der Bildung der Rückstellung führt dies nicht nur zu mehr Schulden, sondern auch zu einem geringeren Gewinn, da dadurch die Aufwendungen steigen. Somit kann man also auch in der GuV nach einer entsprechenden Aufwandsposition schauen.

Was es mit Restrukturierungsrückstellungen auf sich hat

Was in den Restrukturierungsrückstellungen erfasst wird? Beispielsweise die Abfindungen für das Personal, das durch die Neuorganisation des Unternehmens oder die Aufgabe eines Geschäftsbereiches entlassen werden soll. Die Rückstellungen können jedoch nicht einfach nach Lust und Laune gebildet werden.

Insbesondere bei Restrukturierungen gibt es in IAS 37.70 ff. konkrete Hinweise, in welchen Fällen eine Rückstellung gebildet werden muss. So muss beispielsweise ein detaillierter Restrukturierungsplan der betroffenen Geschäftsbereiche, Standorte und Zahl der abzufindenden Mitarbeiterinnen sowie Mitarbeiter vorliegen. Darüber hinaus ist erforderlich, dass die Umsetzung des Restrukturierungsplans bereits begonnen hat oder der Plan den betroffenen angekündigt wurde mit detaillierten Informationen diesbezüglich.

Ein Blick in die Quartalsmitteilung von SAP

Restrukturierungskosten in Höhe von 2,2 Mrd. € im ersten Quartal 2024. Ein explosionsartiger Anstieg im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres, damals hatten sich die Restrukturierungskosten auf 260 Mio. € belaufen. Die hohen Restrukturierungskosten sind übrigens auch der Grund, warum SAP einen Verlust in Höhe von mehr als 800 Mio. € ausgewiesen hat.

Doch Achtung: Anders als bei außerplanmäßigen Abschreibungen des Goodwills (s. mein Beitrag zu Lanxess) belastet dies die Liquidität in der Zukunft, wenn die Abfindungen an das betroffene Personal gezahlt werden. Aus diesem Grund gibt es die hohe Differenz zwischen dem ausgewiesenen Verlust und dem Cashflow des Unternehmens. Dort werden die Abfindungen erst sichtbar werden, wenn sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausbezahlt wurden.

In der Quartalsmitteilung des ersten Quartals 2024 finden sich dazu auf Seite 3 die weiteren Angaben:

  • „Um dies zu erreichen, führt die SAP, wie im Januar angekündigt, ein unternehmensweites Restrukturierungsprogramm durch, das voraussichtlich Anfang 2025 abgeschlossen sein wird. Die Restrukturierung soll sicherstellen, dass die Qualifikationen und Ressourcen der SAP den zukünftigen Geschäftsanforderungen auch weiterhin gerecht werden. Von der Restrukturierung werden voraussichtlich rund 8.000 Stellen betroffen sein, wobei bei den meisten Freiwilligenprogramme und interne Umschulungsmaßnahmen zum Tragen kommen werden. Aufgrund von Reinvestitionen in strategische Wachstumsbereiche rechnet die SAP damit, dass die Zahl der Mitarbeitenden Ende 2024 etwa dem Stand zum Jahresende 2023 entsprechen wird.“
  • „Im ersten Quartal wurde eine Restrukturierungsrückstellung von 2,2 Mrd. € gebildet, die den Großteil der gesamten Restrukturierungsaufwendungen für das Programm abdecken soll.“
  • „Da die Akzeptanzraten und die genauen Konditionen der freiwilligen Maßnahmen in manchen Regionen, besonders in Deutschland, derzeit noch nicht bekannt sind, wird die SAP voraussichtlich aktualisierte Zahlen über die Restrukturierungsaufwendungen und die Mittelabflüsse bekannt geben, sobald die Umsetzung des Programms weiter fortgeschritten ist.“

Was diese Aussagen bedeuten? Die gebildeten Rückstellungen sollen ausreichen, um die angekündigten Abfindungen zu bezahlen. Wie hoch die Liquiditätsabflüsse tatsächlich werden, wird sich erst noch zeigen. Größere Sprünge wie im Vergleich zum Vorjahresquartal wird es somit erst einmal nicht mehr geben.

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