Anlegerschützer rufen zur Interessensbündelung auf
Ach, stimmt ja. Neben Wirecard ist noch ein andere Bilanzskandal in der Aufarbeitung: Die Causa Steinhoff. Nach langer Zeit gibt es hier mal wieder Neuigkeiten, denn das Sanierungskonzept liegt vor. Doch es lässt einige Fragen offen.
Zur Erinnerung: Steinhoff ist ein internationaler Konzern, der mit überteuerten Firmenzukäufen und überbewertete Markenrechte für eine Aufblähung des ausgewiesenen Vermögens sorgte. Durch eine Sonderuntersuchung von pwc wurde aufgedeckt, wie hoch das Ausmaß der fingierten Werte in der Bilanz war.
Steinhoffs Vorschlag an Gläubiger und Aktionäre
Der Konzern will mit den größten Finanzgläubigern eine Vereinbarung schließen. Demnach sollten noch ausstehende Finanzverbindlichkeiten mindestens um drei Jahre, d.h. bis zum 30.06.2026 verlängert werden. Als Entschädigung für die spätere Rückzahlung sowie die Anpassung des Zinssatzes sollen die Gläubiger ein sehr großes Kuchenstück vom Eigenkapital der Unternehmensgruppe erhalten. 80 %, um genau zu sein. Also fast alles.
Und die Aktionäre? Die sollen sich mit den restlichen 20 % begnügen. Als „Entschädigung“ dafür sollen die Aktien künftig nicht mehr börsennotiert sein. Damit sind die Aktien nicht mehr handelbar. Aktionäre, die durch den Kurseinbruch hohe Verluste zu verzeichnen haben, dürften dies keinesfalls mit Freuden lesen.
Fragen von Anlegerschützern
Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) ruft betroffene Aktionäre zur Interessensbündelung auf. Aus Sicht der Anlegerschutzvereinigung wirft das Sanierungskonzept einige relevante Fragen auf. Unklar ist beispielsweise, wie die 80 % zustande gekommen sind. Um zu prüfen, inwieweit dies angemessen ist, bedarf es einer Unternehmensbewertung. Diese wurde zumindest nicht veröffentlicht, sollte es eine geben.
In der Vergangenheit gab es einen Sanierungsvorschlag, der den Verkauf von Anteilen an Tochtergesellschaften vorsah. Ob dies aus Anlegersicht vorteilhafter wäre, kann jedoch mangels der Information über Angebote zum Kauf der Beteiligungen an Tochtergesellschaften überhaupt eingeholt wurden. Und falls es Angebote gab, stellt sich die Frage nach einem möglichen Kaufpreis.
Damit verbunden ist eine extreme Verwässerung der Aktionäre, was aus Sicht der SdK so nicht hinnehmbar ist.
Fazit:
Hier gilt: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.
Transparenz-Hinweis: Ich habe mir 2019 100 Steinhoff-Aktien gekauft für 11 Cent je Aktie. Der Depotwert lag am 11. Januar 2023 bei 2,80 EUR.
Lesen Sie hierzu auch meine Beiträge im NWB Experten-Blog:
- Update Bilanzskandale: Warum sich der Fall Wirecard vom Fall Steinhoff unterscheidet
- Update Bilanzskandale: Professionelle Bilanzfälscher waren bei Steinhoff am Werk
- Update Bilanzskandale: Schwarzer Peter bei Steinhoff gesucht – viele Prüfer verderben die Prüfung
- Verspäteter Aprilscherz? – Wert des Immobilienportfolios bei Steinhoff schmilzt wie ein Eis in der Sonne
- Neue Folge im Steinhoff-Krimi: Leider nicht so planbar wie der Tatort am Sonntagabend