Serie Bilanzskandale: Causa Wirecard – Langfristige Folgen für EY wenig überraschend

„EY baut hunderte Stellen in Deutschland ab“ – diese Schlagzeile war Ende Januar zu lesen. Laut einem Beitrag im Handelsblatt sollen 3,8 Prozent der Belegschaft entlassen werden. Betroffen sind nicht nur Mitarbeiter in Marketing und Verwaltung, sondern auch Partner der Gesellschaft.

EY wird neu organisiert, unter anderem sollen in einer Aufspaltung die Prüfung und Beratung voneinander getrennt werden. Das Handelsblatt berichtet auch über den Imageschaden EY´s durch den Wirecard-Skandal. Das erschwert die Gewinnung von Neukunden erheblich.

Sind diese Veränderungen bei EY überraschend? Die Trennung von Prüfung und Beratung vielleicht. Das hätte ich im Sommer 2020 vermutlich nicht so für die Zukunft angenommen. Doch dass das Image eines Abschlussprüfers nach einem derartigen Skandal massiv leidet, ist keine Überraschung.

Keine Neumandate nach Bilanzskandal

Zwar ist auch der Gesetzgeber mit den ersten Reformen tätig geworden. Und wie schon mehrfach gesagt: So ist dies meines Erachtens nicht ausreichend. Doch den größeren Schaden hat EY durch den erlittenen Imageschaden, denn wer schlägt der Hauptversammlung jetzt noch EY als neuen Prüfer vor?

Durch die verschärfte Pflichtrotation durch das FISG müssen nun alle betroffenen Unternehmen – und nicht mehr nur Banken sowie Versicherungen – nach zehn Jahren ihren Abschlussprüfer wechseln. Betroffen sind Unternehmen von öffentlichem Interesse, die PIEs.

Der Aufsichtsrat trifft die Vorauswahl, kümmert sich als um die Ausschreibung für die Suche nach einem neuen Abschlussprüfer. Und warum sollte sich dieser Ärger mit den Aktionären einhandeln und EY als Prüfer vorschlagen? Nicht vergessen darf man auch, dass beispielsweise Aktionärsschützer der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger EY als Abschlussprüfer aufgrund der fehlenden Aufarbeitung grundsätzlich ablehnen.

Weniger Prüfungsmandate für EY – diese Folgen waren im Sommer 2020 bereits absehbar. Zwar ist EY nicht die einige Big4-Gesellschaft, die gefälschte Bilanzen testiert hat, doch zum einen ist der Schaden bei Wirecard besonders hoch und der Zahlungsdienstleister war eben auch ein DAX-Konzern. Und wie so viele war EY auch ein Opfer der Betrüger – so wurde dies zumindest dargestellt. Doch warum dies vor dem Hintergrund aktueller Ereignisse offenbar auch bei EY anders gesehen wird, dazu in einem weiteren Blogbeitrag mehr.

Insoweit bleibt die spannende Frage, wie es mit EY weitergehen wird. Vor mehr als 20 Jahren ist Arthur Anderson mit dem Zusammenbruch Enrons auch untergegangen. Ob Schicksal oder nicht, aber einige Scherben wurden von EY übernommen.

Was den Fall dennoch besonders macht

Die Aufspaltung von EY ist allerdings ein Fakt, der die Branche sicherlich nachhaltig verändern wird, denn in der Vergangenheit war die Beratung für die Gesellschaften attraktiver als die Prüfung. Höhere Margen und kein Problem mit der Haftung bei der Beratung – daher keinesfalls überraschend.

Interessant wird es jedoch, wenn die beiden Bereiche aufgespalten werden. Das wird sich sicherlich auch auf den Prüfermarkt auswirken. Was hatte jemand vor kurzem auf einen meiner Posts auf LinkedIn geschrieben: „Der Prüfermarkt ist das einzige Oligopol, der nicht funktioniert.“

Doch die Marktkonzentration hat sich weiter verschärft, die Big4 dominieren weiterhin den Markt mit einem Großteil des Umsatzes. Wie habe ich bereits in der Vorlesung meines Studiums gelernt „too big to fail“. Die Zeiten mit mehr als vier großen Prüfungsgesellschaften kenne auch ich nur aus Erzählungen.

Mit den ersten Gesetzesreformen nach dem Wirecard-Skandal wurde die Marktmacht nicht verringert, ganz im Gegenteil. Doch jetzt ist auch in der EU das Thema nicht mehr so dringend. Denn die Reform auf EU-Ebene für Wirtschaftsprüfer wird um Jahre verschoben – dazu in einem späteren Beitrag mehr. Schade, dass manches nur mit massivem Druck geht. Denn Verbesserungen sollten proaktiv vorgenommen werden. Und nicht erst, wenn ein weiterer Skandal das Vertrauen der Anleger zerstört hat.

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