Nachdem wir uns Anfang Februar mit dem Aufpumpen des immateriellen Vermögens beschäftigt haben, nun ein kreativer Fall zum Thema Aufpumpen bzw. Schönrechnen einer Beteiligung. Ein entscheidender „Vorteil“ aus Sicht der Fälscher bei diesen beiden Fällen: Sie wirken sich nur auf den Gewinn aus, Liquiditätsengpässe sind hier nicht zu erwarten. Also aus Fälschersicht durchaus attraktiv, die Bilanzen auf diese Art und Weise zu manipulieren. Dennoch ist Bilanzfälschung kein Kavaliersdelikt wie falsch parken, sondern eine Straftat.
Was haben die Fälscher gemacht?
Frei nach dem Motto „Rechnen wir uns die Welt, wie sie uns gefällt“, haben die Drahtzieher der Muttergesellschaft „Unverschämt AG“ hinter der Bilanzfälschung in diesem Beispiel die außerplanmäßige Abschreibung einer nicht werthaltigen Beteiligung „vergessen“. Die betroffene Vertriebsgesellschaft „Verkaufstraum S.A.R.L.“ mit Sitz in Frankreich entwickelte sich in den letzten Jahren nicht so wie erwartet.
Die Entwicklung der letzten acht Jahre zeigte hohe Verluste, die durch stetige Kapitalzuführungen der Muttergesellschaft ausgeglichen wurden. Anders als erwartet konnte die „Verkaufstraum S.A.R.L.“ keine signifikanten Umsatzsteigerungen verzeichnen. Die finanzielle Unterstützung durch die Muttergesellschaft war zur Vermeidung einer bilanziellen Überschuldung für den Fortbestand der Tochtergesellschaft erforderlich.
Aufgrund der veränderten Marktbedingungen in Frankreich ist nicht davon auszugehen, dass die schlechte wirtschaftliche Lage der Tochtergesellschaft sich verändern wird. Es lagen keinerlei Planungsunterlagen für die Zukunft der „Verkaufstraum S.A.R.L.“ vor.
In keinem der acht Jahre wurde eine außerplanmäßige Abschreibung der Beteiligung vorgenommen. Der Buchwert der Beteiligung erhöhte sich sogar noch durch die Kapitalzuführungen an die Tochtergesellschaft.
Welche Auswirkungen die Korrektur auf den Jahresabschluss hat
Auch wenn die Beschreibung des Sachverhaltes hier relativ knapp ist, wird eines deutlich: Die Werthaltigkeit der Beteiligung an der „Verkaufstraum S.A.R.L.“ ist nicht gegeben: In diesem Fall hätte eine außerplanmäßige Abschreibung vorgenommen werden müssen. In den ersten Jahren könnte womöglich noch darüber diskutiert werden, ob man von einer voraussichtlich vorübergehenden oder dauerhaften Wertminderung ausgehen kann.
Nach acht Jahren ist jedoch eines klar: Dies überschreitet eindeutig den Betrachtungszeitraum bei der Abgrenzung der Dauer der Wertminderung. Daher hätte bereits nach einigen Jahren genauer geprüft werden müssen, ob hier eventuell eine außerplanmäßige Abschreibung vorgenommen werden muss.
Die Korrektur zieht eine Abschreibung auf Finanzanlagen nach sich, was auf der Aktivseite zu einer Verringerung des Buchwerts der Finanzanlagen führt. Aus Fälschersicht hat die Korrektur wenigstens einen Nachteil nicht: Die Liquidität wird dadurch nicht belastet. Denn diese ist in den meisten Fällen irgendwann das Problem jedes Bilanzfälschers. Auch trotz Bitcoin und anderen Cyberwährungen hat es vermutlich noch niemand geschafft, mit fiktiven Werten tatsächliche Rechnungen zu bezahlen.
Lesen Sie Anfang April, welche weitere Möglichkeiten ein Fälscher hat, um das Vermögen aufzupumpen – ohne Liquiditätsprobleme und damit die Aufdeckung seiner Manipulationen zu riskieren.
Lesen Sie dazu auch meinen Beitrag in der StuB
Rinker: „Bilanzfälschung im HGB-Jahresabschluss anhand von Praxisbeispielen – Bilanzmanipulationen im Anlage- und Umlaufvermögen und ihre Auswirkungen auf den HGB-Jahresabschluss“, StuB 2019, S. 297
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