Wieso Beerdigungsfeier? So nannte jüngst ein Aktionär die letzte Hauptversammlung eines Unternehmens, das wie Adler die Aktionäre loswerden wollte. Denn wenn Squeeze-out auf der Tagesordnung steht, ist klar: Das war’s für die Aktionäre, denn bei einem Squeeze-out werden die Minderheitsaktionäre aus der Aktiengesellschaft ausgeschlossen.
Heikler Streitpunkt: Die Höhe der Barabfindung, die die Minderheitsaktionäre erhalten. Darum drehen sich immer auch die Fragen auf der Beerdigungsfeier, denn schließlich geht es darum, ob der ermittelte Betrag angemessen ist oder nicht.
Und wie ist das nun im Fall Adler?
Da der ADLER Group S.A. ca. 97 % der Anteile an der Adler Real Estate gehören, wird die Entscheidung durchgehen. Die Frage ist nur: Zu welchem Preis? Schließlich ist der letzte veröffentlichte Abschluss aus dem Jahr 2022 nicht testiert. Ein Versagungsvermerk treibt den Preis sicherlich nicht in die Höhe.
Abgesehen davon hat Adler seit einiger Zeit wenig Grund zur Freude: Verzweifelte Suche nach einem Abschlussprüfer, angespannte Liquiditätslage, Anpassung von Anleihebedingungen, längere Fristen für die Vorlage des (testierten) Abschlusses für 2023. So könnte ich die Liste sicherlich noch weiterführen.
Zumindest für das Gutachten über die Barabfindung in Höhe von 8,76 € hat Adler eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gefunden, die die Angemessenheit bestätigt. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger zweifelt daran, dass die Höhe angemessen ist und ruft Aktionäre zur Interessensbündelung auf.
Denn es gibt die Möglichkeit eines sog. Spruchverfahrens. Hier können die Aktionäre eine höhere Barabfindung erkämpfen. Erfolgsaussichten? Wird sich zeigen. Dass Adler ungerne zu viel Liquiditätsabfluss haben möchte, ist wenig überraschend, denn die aufgebauschten Immobilienpreise haben in der Vergangenheit nur die Gewinne aufgebläht, nicht jedoch die Liquidität.
Damit kommen wir wieder zu der amerikanischen Börsenweisheit „Gewinn ist Ansichtssache, Cashflow Tatsache.“ Vielleicht sollte sich der Vorstand von Adler Real Estate doch mal intensiver damit beschäftigen. Denn auf der letzten ordentlichen Hauptversammlung sagte dieser „Die Bilanzen von Adler sind solide.“ Ob er seine Meinung inzwischen geändert hat? Möglicherweise.
Fazit: Der Kampf ums Überleben oder die Abwicklung ist für Adler noch lange nicht ausgestanden, denn das Erdbeben auf dem Immobilienmarkt hat gerade erst begonnen. Der Verkauf von Immobilien zu den aufgeblähten Buchwerten wird daher kaum möglich sein.