Wirecard-Skandal stellt selbst Enron in den Schatten
Die Meldungen des Zahlungsdienstleisters Wirecard haben sich in den letzten Wochen überschlagen. Geheimdienstkontakte, Scheingeschäfte, Ex-Vorstand auf der Flucht, Todesanzeige eines Managers auf den Philippinen. Ein wahrer Thriller, den man ohne die Presseberichte doch vielleicht eher als Science-Fiction einstufen würde.
Weitere Brisanz erhielt die Geschichte diese Woche mit dem bekannt gewordenen „Projekt Panther“: Der Ex-DAX-Konzern hatte Ambitionen, die Deutsche Bank zu übernehmen. Zumindest an Ideen und Visionen hat es bei Wirecard nicht gemangelt. An Liquidität schon -und zwar erheblich.
Kaum Guthaben auf den existierenden Wirecard-Konten
Wie der Insolvenzverwalter mittlerweile herausgefunden hat, erzielte Wirecard erhebliche Verluste. Es fehlen 2,8 Milliarden Euro. Wirecard hatte einen Liquiditätsbedarf in Höhe von 10 Millionen Euro – pro Woche! Aufgrund des Schein-Erfolges hatte es der Ex-DAX-Konzern offenbar nicht nötig, sich mit Themen wie Kostenbewusstsein und einer Kostenplanung zu beschäftigen.
Doch auch bei diesem Liquiditätsbedarf kommt man mit 800 Millionen Euro neuer Kredite nicht allzu lange aus. Denn wie die Presse berichtet, wurden in diesem Sommer in 13 Wochen sogar 200 Millionen Euro mehr ausgegeben als eingenommen. Es braucht keine höheren mathematischen Kenntnisse, um zu merken, dass das eng werden könnte.
KPMG-Bericht hat Aufdeckung beschleunigt
Die ausgegebene Anleihe im letzten Jahr im Umfang von 500 Millionen Euro diente schließlich nur dazu, Kredite zurückzubezahlen. Das war damals schon etwas merkwürdig: Wieso muss ein Unternehmen mit sprudelnder Liquidität und steigenden Umsätzen eine Anleihe ausgeben, um andere Schulden zu begleichen?
Auch ohne den Bericht von KPMG wäre Wirecard mit einem testierten Abschluss für das Geschäftsjahr 2019 in absehbarer Zeit das Geld ausgegangen. Der Bericht und das versagte Testat von EY hat die Aufdeckung vermutlich nur etwas beschleunigt. Doch eines muss man sagen: Wenn wirklich fast alle Geschäfte nur auf dem Papier existierten, worauf die Presseberichte hindeuten, konnten Marsalek und seine Unterstützer das Kartenhaus sehr lange aufrechterhalten. Doch dafür gibt es leider keine Auszeichnung.
Es wirft vielmehr ein schlechtes Licht auf die Kontrolle des Unternehmens. Hier zeigt sich: Es braucht dringend einen Untersuchungsausschuss, denn so einen Skandal darf es nie wiedergeben. Auch wenn der Ruf des deutschen Kapitalmarktes im Ausland ohnehin schon geschädigt ist.
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