Serie Bilanzskandale: Adler hat Zoff mit der Bafin – die fetten Jahre sind vorbei

Die Bilanzkontrolle wurde reformiert. Dies ist nur eine der Folgen aus dem Wirecard-Skandal. Seit Anfang dieses Jahres ist die Bafin alleine zuständig für die Bilanzkontrolle. „Mehr Biss“ wurde versprochen. Bei der Adler Group zeigt sich nun ein Novum: Die Bafin informierte Anfang August erstmals über einen festgestellten Fehler im Jahresabschluss während einer noch nicht abgeschlossenen Prüfung.

Das Adler damit nicht einverstanden ist und Rechtsmittel einlegen will, ist nicht verwunderlich, denn schließlich geht es um die Bewertung der Immobilien. Auch der Rückzug von LEG letzte Woche beim Kauf von mehr als 15.000 Einheiten, der endlich etwas Liquidität in die Kasse gespült hätte, drückt so einiges aus.

Und Ende August steht die Hauptversammlung bei Adler Real Estate an. Die Verantwortlichen bei Adler kommen derzeit nicht nur durch die tropischen Temperaturen ins Schwitzen. Doch nun aber der Reihe nach.

Neuland: Bafin veröffentlicht erstmals Teil-Fehlerfeststellung

In der Vergangenheit wurde nur nach einer abgeschlossenen Prüfung über festgestellte Fehler im Bundesanzeiger informiert. Mit der Veröffentlichung einer Pressemitteilung Anfang August und der Feststellung eines Fehlers bei der Bewertung des Projektes Glasmacherviertel in Düsseldorf-Gerresheim hat die Bafin somit Neuland betreten.

Nach den Erkenntnissen der Bafin hat Adler für den Wert des Immobilienprojektes im Jahresabschluss 2019 um 170 bis 233 Mio. € zu hoch angesetzt. Denn zum damaligen Zeitpunkt lagen die erforderlichen Genehmigungen für die Bebauung des Areals noch nicht vor. Doch dies hatte Adler bei der Bewertung angenommen.

Um es in den Worten von Kirsten, dem Verwaltungsratschef bei Adler, auszudrücken: Der Fehler ist nicht „cash-relevant“. Er hätte damals lediglich zu einem deutlich geringeren Gewinn geführt.

Allerdings lässt sich festhalten: Der Gewinn wäre im Jahr 2019 damit auch deutlich geringer ausgefallen, denn nach IFRS kann Adler Wertsteigerungen von Immobilien als Ertrag erfassen. Das dies jedoch auch nicht cash-relevant ist, wurde damals sicherlich nicht so betont wie die heutigen Aussagen Kirstens zur „Cash-Relevanz“.

Was ist an der Sache so brisant? Dies ist nur eine Teil-Fehlerfeststellung für den Jahresabschluss 2019. Es können also noch weitere Fehler aufgedeckt werden – und das auch in den beiden Folgejahren. Denn diese Abschlüsse schaut sich die Bafin auch genauer an.

Es bleibt daher abzuwarten, was die weitere Prüfung noch zu Tage bringen wird. Doch hier zeigt sich deutlich: Die fetten Jahre sind für Adler wohl vorbei. Die aktuellen Entwicklungen durch steigende Zinsen erschweren die Party zusätzlich.

Geplatzter Verkauf an LEG

Wäre der Streit mit der Bafin noch nicht genug, kommt noch ein weiterer Schlag: LEG ist vom Kauf von mehr als 15.000 Einheiten letzte Woche zurückgetreten. Dies hätte Adler immerhin knapp 800 Mio. € in die Kasse gespült. Denn was der Immobilienkonzern dringend braucht: Liquidität. Jetzt rächt es sich, dass die Gewinne in der Vergangenheit nur durch Wertsteigerungen der Immobilien und nicht durch deren Vermietung erzielt wurden.

Denn die Wertsteigerungen führen nur dann zu Liquiditätszuflüssen, wenn die Immobilien zu diesen hohen Preisen veräußert werden. Dies ist Adler bisher nur innerhalb des Konzerns gelungen. Der Rücktritt LEGs von dem Kauf wird Adler somit weitere Unruhen besorgen, denn die Liquidität wurde schon fest eingeplant. Eines hat Adler – und darin besteht kein Zweifel: Einen großen Berg Schulden.

Die Suche nach einem anderen Käufer dürfte sich derzeit sicherlich alles andere als leicht gestalten: Steigende Zinsen, der Ukraine-Krieg. Ganz abgesehen davon weiß nun auch jeder, wie dringend Adler Liquidität braucht. Alles keine Fakten, die den Kaufpreis weiter in die Höhe treiben werden. Ganz im Gegenteil.

Fazit:

Ruhe wird bei Adler so schnell nicht einkehren. Oder um es anders auszudrücken: Die fetten Jahre sind vorbei. Ich bin gespannt auf die anstehende Hauptversammlung der Adler Real Estate AG Ende des Monats. Und natürlich auch darauf, was die Bafin bei ihrer Prüfung noch herausfinden wird.

Lesen Sie dazu auch:
Bafin Pressemitteilung v. 01.08.2022  

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