Senioren-Studium: Rechtsprechung fremdelt mit steuerlichem Abzug des späten zweiten Berufswegs

In einem sehr lesenswerten Urteil vom 16. Mai 2017 hat sich das Schleswig-Holsteinische FG mit der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein sog. Senioren-Studium befasst.

Was man auf den ersten Blick als ungewöhnlichen Einmalsachverhalt abtun könnte, entpuppt sich beim zweiten Hinschauen doch als Thematik, welche in der kommenden Praxis häufiger absehbar ist.

Die Zahl der Studienanfänger über 50 Jahren ist zuletzt rasant angestiegen – derzeit sind über 40.000 Senioren-Studenten immatrikuliert. Fügt man dem noch die erhöhte Lebenserwartung und den steigenden Anteil der Abiturienten in späteren Jahrgängen hinzu, so wird sich dieser Trend wahrscheinlich fortsetzen.

Im Besprechungsurteil war über die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen eines nach Eintritt in den Ruhestand begonnenen Studiums der Theaterwissenschaft als Werbungskosten oder Sonderausgaben zu entscheiden. Fraglich war ein hinreichender Zusammenhang zwischen den aktuell angefallenen Studienkosten und den späteren Erwerbseinnahmen nach Eintritt in die „zweite berufliche Karriere“.

Im Streitfall lagen der künftige Berufseintritt und dessen konkreter Rahmen – auch wegen der Art der theaterwissenschaftlichen Studien – gänzlich im Ungewissen. Der Kläger hatte in 2013, dem letzten der Streitjahre, sein 70. Lebensjahr vollendet. Das Studium war 2006 aufgenommen worden und sollte in 2017 mit dem Master beendet werden. Zum Lebensalter trat erschwerend somit noch eine überlange Studiendauer hinzu.

Der Weg zur Entscheidung des Gerichts war bereits vorgezeichnet.

Ob ein hinreichend erwerbsbezogener Veranlassungszusammenhang zu bejahen ist, sei unter Berücksichtigung der Gesamtumstände zu beantworten. Dabei könne auch das Alter des Steuerpflichtigen als ein Kriterium herangezogen werden.

Für den angehenden grauen Theaterwissenschaftler war das „Bühnenstück“ damit beendet, da die Finanzrichter keine erwerbsbezogene Verknüpfung der Studienkosten feststellen konnten und den Abzug versagten.

Man könnte nun die Frage an das Publikum richten, ob die Entscheidung anders ausgefallen wäre, wenn es sich nicht um ein Studium der Theaterwissenschaften, sondern einer anderen Fachrichtung, z. B. Maschinenbau, gehandelt hätte.

Dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG ist hierzu nichts zu entnehmen.

Andererseits wird – unabhängig von der gewählten Studienrichtung – bei Senioren, welche nach Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters noch ein neues Berufsbild entdecken möchten, wohl immer eine gehörige Portion privaten Interesses den Ausschlag geben, da erwerbsbezogene, finanzielle Interessen in derartigen Fällen überwiegend zu vernachlässigen sind.

Hiernach wäre wohl auch für andere Studienrichtungen – außerhalb der „freien Künste“ – die gleiche Entscheidung zu treffen gewesen.

Aber auch für die Entscheidung über den Werbungskosten- oder Sonderausgaben-Abzug jüngerer Semester gibt uns das FG eine Wegmarke mit: Die Hingabe und die individuellen Fähigkeiten zur Erlangung von guten Ergebnissen im Studium sind kein maßgebliches Indiz für dessen berufliche Veranlassung.

PS: Ich zolle jedem aktiven Senioren-Studenten meinen ausdrücklichen Respekt.

Weitere Informationen:

Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht v. 16.05.2017 – 4 K 41/16

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