Reden ist Silber, Schweigen ist Gold, sagt man. Im Gewerberaummietrecht gefährdet beides den Bestand des langfristigen Mietvertrags.
Es ist ein ewiges Problem: Mündliche Abreden führen nach § 550 BGB zur Kündbarkeit eines Zeitmietvertrags.
Hintergrund der Problematik ist, dass § 550 BGB den Erwerber eines Grundstücks schützen soll. Die Norm hat zwar auch eine Beweis- und Warnfunktion für die Parteien, der Erwerberschutz steht aber klar im Vordergrund.
Der bisherige § 550 BGB stellt sich in der Praxis für Vermieter wie auch für Mieter als gefährlich dar. Dass mündliche Abreden zur Kündbarkeit des Vertrages führen können, wird im Vermietungsalltag schlicht übersehen. Das gilt auch und gerade für unproblematische Mietverhältnisse, bei denen Änderungen oft „auf Zuruf“ vereinbart werden. Das wird spätestens dann zum Problem, wenn sich – meist durch Veräußerung oder Erbfall –Veränderungen auf Vermieterseite ergeben. Der neue Eigentümer oder der Erbe hat oft ganz andere Pläne. Gerade bei den derzeit explodierenden Gewerbemieten wie derzeit in Berlin ist es lukrativ, einen neuen Mieter mit einem neuen Mietvertrag zu finden. Umgekehrt kann auch der Mieter versuchen, durch Berufung auf einen Schriftformmangel aus einem unliebsamen Vertrag vorzeitig „auszusteigen“.
Verschärft wird das Problem noch dadurch, dass die Berufung auf einen Schriftformmangel nur in ganz engen Grenzen gegen Treu und Glauben verstößt, es also keinen Schutz dagegen gibt.
Ein Übriges tut die Rechtsprechung des BGH, die sämtlichen Versuchen, das Problem durch vertragliche Regeln (sog. Schriftformklauseln) zu entschärfen, den Boden entzogen hat. Schriftformheilungsklauseln sind noch nicht einmal als Individualvereinbarung wirksam.
Aufgrund einer Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen hat der Bundesrat 20.12.2019 am beschlossen, einen Gesetzentwurf des Landes beim Deutschen Bundestag einzubringen (s. Bundesrat Drucksache 469/19).
§ 550 BGB soll entfallen. Stattdessen soll ein neuer § 566 Abs. 3 BGB eingefügt werden, der den Erwerber nur noch berechtigt, das Mietverhältnis innerhalb von drei Monaten zu kündigen, nachdem er Kenntnis von einem Schriftformverstoß hat. Der Mieter kann der Kündigung widersprechen und sich zur Fortsetzung mit den getroffenen Vereinbarungen bereit erklären. Auf Schriftformverstöße, die erst nach dem Erwerb erfolgt sind, kann sich der Erwerber nicht berufen. Nach der geplanten Überleitungsregelung soll die Regelung für bestehende Miet- und Landpachtverhältnisse gelten, bei denen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens noch keine Kündigung ausgesprochen wurde.
Da die Gesetzgebungskompetenz beim Bund liegt, muss abgewartet werden, ob es tatsächlich zu einer Gesetzesänderung kommt.
Sinnvoll wäre eine Änderung allemal. Allerdings würde es m.E. genügen, den Erwerberschutz, den der BGH lege lata in den Vordergrund rückt, auf ein vernünftiges Maß zurückzuschneiden.
Bis dahin gilt – vor allem für Mieter: (Nur) Wer schreibt, der bleibt.