Das Bundeskabinett beschloss kürzlich die Eckwerte für den Regierungsentwurf des Bundeshaushalts 2022. Erneut soll es eine Ausnahme von der Schuldenbremse geben. Gleichzeitig werden in 2021 mehr Schulden gemacht als zunächst geplant. Sind Steuererhöhungen damit unvermeidbar?
Hintergrund
Der neue Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2022 hat es in sich. Ihm zufolge wird es zu einer nie dagewesenen Rekordverschuldung kommen. Auch für das aktuelle Jahr plant der Bundesfinanzminister höhere Ausgaben ein, als zunächst berechnet.
Zu den Eckwerten:
Im aktuellen Jahr plant Scholz ein, dass die Nettoneuverschuldung um 60,4 Mrd. Euro höher liegt, als zunächst geplant war. Dafür ist ein Nachtragshaushalt in Arbeit. Die Neuverschuldung für 2021 steigt damit auf eine Summe von rund 240,2 Mrd. Euro an, während der Ausgabenrahmen insgesamt auf den Wert von rund 547,7 Mrd. Euro ansteigt. Reduziert werden muss gleichzeitig die Wirtschafts-Wachstumsannahme, die der Haushaltsplanung zunächst noch zugrunde gelegen hat. Während man im Herbst 2020 noch eine Rate von rund 4,4 Prozent für 2021 zugrunde legte, wurde dieser Wert aktuell auf drei Prozent reduziert.
Für 2022 kommt es dann noch dicker. Hier wird eine Neuverschuldung von rund 81,5 Mrd. Euro anvisiert. Dafür soll es erneut eine Ausnahme von der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse geben. Insgesamt ist für 2022 ein Haushalts-Volumen von rund 419,8 Milliarden Euro angesetzt. Dies ist geringer als im laufenden Jahr 2021, weil damit gerechnet wird, dass nicht mehr derartig hohe Ausgaben für Corona-Hilfsmaßnahmen nötig sein werden. Investitionen werden in Höhe von rund 50 Milliarden Euro eingeplant. Der Haushaltsentwurf, der nunmehr ausgearbeitet wird, soll dem Vernehmen nach im Sommer von der aktuellen Koalition verabschiedet werden.
Deutschland finanziell gewappnet für die Zeit nach der Krise?
Optimistisch äußerte sich der Finanzminister zu seinen anvisierten Plänen bei deren Vorstellung vergangene Woche: „Wir nehmen die nötigen Mittel in die Hand, um die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen der Pandemie zu bewältigen“, sagte er bei der Vorlage der Eckwerte für den Bundeshaushalt 2022. Er machte deutlich, dass Deutschland finanziell gut dastehe, v.a. auch im internationalen Vergleich. Sowohl die Kreditaufnahme als auch die Schuldenquote seien deutlich niedriger als zunächst erwartet. Zudem werde die Schuldenquote für 2022 geringer liegen als nach der Finanzkrise.
Düstere Aussichten zeichnen sich allerdings bei genauerem Blick auf die Zahlenwerke dann doch ab, insbesondere beim Blick auf den Rahmenplan bis 2025. Denn: Will man die Schuldenbremse wieder einhalten, so können neue Schulden lediglich in Höhe von etwa 8 bis 11,5 Mrd. aufgenommen werden. Daher wird seitens des Finanzministeriums – zumindest – „Handlungsbedarf“ gesehen. Scholz prognostizierte in diesem Zusammenhang, dass ein Herauswachsen aus den neu aufgenommenen Schulden, d.h. die Finanzierung durch wachstumsbedingt steigende Einnahmen im Aufschwung, „auf mittlere Sicht“ möglich sei. Klar sagte er aber auch, „dass die nächste Legislaturperiode herausfordernd wird.“ Denn die bis 2025 nötigen Mehreinnahmen könnten „nicht alle aus Wachstumsprozessen zustande kommen“, dies würde vielmehr „nur mit einem gerechteren und faireren Steuersystem gehen.“
Denkbar schlechte Ausgangslage
Die neuen Rekordverschuldungen, welche die Haushalte der Jahre 2021 und voraussichtlich 2022 belasten werden, zeigen, dass enormen Kosten aufgrund der Krise zu stemmen sind. Sie werden, glaubt man den Plandaten, die Kosten der meisten anderen bisherigen Krisen zuvor – insbesondere jene der Finanzkrise – übersteigen. Zwar ist es aus Haushaltssicht richtig, dass Deutschland bisweilen „zumindest besser“ durch die Corona-Krise kommt, als andere europäische Länder, führt der Bundesfinanzminister zum Beleg dafür doch auf, dass das Bruttoinlandsprodukt hierzulande 2020 lediglich um 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr geschrumpft sei, während es etwa in Italien um 8,9 Prozent und in Großbritannien um 9,9 Prozent zurückgegangen ist. Dennoch werden bei genauem Blick auf die Zahlenwerke für 2021 und 2022 schwere Zeiten auch auf Deutschland zukommen. Denn die haushalterische Ausgangslage ist denkbar schlecht.
Dem Pendant aus einem geringen prognostizierten Wirtschaftswachstum und zurückgehenden Steuereinnahmen steht eine Kombination aus hohen Krisenkosten und umfangreicher Neuverschuldung gegenüber. Es dürfte daher nicht überraschen, wenn das Thema Gegenfinanzierung maßgeblich den bald beginnenden Bundestagswahlkampf prägen wird.
Von besonderem Interesse dürfte dann ein Blick auf die jeweils vorgeschlagenen Änderungen am Steuersystem sein. Zumindest der vom SPD-Vorstand beschlossene Entwurf für ein Bundestagswahlprogramm zeigt bereits, dass dies höhere Einkommensteuern für Gutverdienende und die Revitalisierung der Vermögensteuer bedeuten könnte.