Schätzung auf der Grundlage der Richtsatzsammlung nicht in jedem Fall hinnehmen

Werden im Rahmen einer Betriebsprüfung bei einer Gaststätte, Fleischerei oder Bäckerei die Warenentnahmen mittels der amtlichen Richtsatzsammlung (hinzu-)geschätzt und führen diese Beträge ganz offensichtlich zu einer unzutreffenden Besteuerung, so sollte die Hinzuschätzung angefochten werden. Der BFH hat mit Urteil vom 23.4.2015 (V R 32/14) ein Urteil des Niedersächsischen FG bestätigt.

Dieses hatte in der unbesehenen Übernahme der Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben einen Verstoß gegen § 162 Abs. 1 AO gesehen. Denn in dem zugrunde liegenden Fall hatte die Klägerin dargelegt, dass die Wertabgaben zum Regelsteuersatz niedriger gewesen sein müssen, als sich dies aus der Richtsatzsammlung ergebe. Offenbar waren der Schätzung des Finanzamts zufolge die Warenentnahmen zum Regelsteuersatz höher als der Wareneinkauf zu diesem Steuersatz. Damit sei offensichtlich, dass die Schätzung zu einer unzutreffenden Besteuerung geführt habe.

Das aktuelle Urteil ist zu begrüßen, da es wieder einmal die Grenzen der Hinzuschätzung durch die Finanzverwaltung aufzeigt. Allerdings macht der BFH zwei Dinge deutlich: Zum einen ist die amtliche Richtsatzsammlung grundsätzlich auch für die Gerichte bindend, sofern die Schätzungsmethode schlüssig ist. Und zum anderen kann der BFH im Revisionsverfahren nur die Schätzungsmethode an sich überprüfen und ist ansonsten an die tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts gebunden. Das bedeutet, dass Steuerpflichtige bzw. Berater, die Hinzuschätzungen des Finanzamts anfechten, verfahrensrechtlich sehr sorgfältig vorgehen müssen. Entsprechende Einsprüche und Klagen sollten sich nicht (nur) gegen die Höhe der Schätzung, sondern vielmehr gegen die gewählte Schätzungsmethode richten. Dann bestehen in einem Klageverfahren aber durchaus Erfolgschancen.

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