Saisonarbeiter: Essen und Unterkunft liegen nicht nur im Arbeitgeberinteresse

Wer in der Überschrift einer Meldung das Wort „Saisonarbeiter“, verbunden mit dem Wort „Unterkunft“, verwendet, darf momentan einigermaßen sicher sein, dass der geneigte Leser nicht in erster Linie ans Steuerrecht denkt. Aber wir befinden uns im NWB Experten-Blog und zudem in der Rubrik „Steuern“ und so muss ich alle enttäuschen, die möglicherweise an eine neue Sensationsmeldung zum Thema „Corona“ gedacht haben. Nein, es geht hier tatsächlich ums Steuerrecht und angrenzend ums Sozialversicherungsrecht. Aber nun genug der Vorrede.

Ende 2019 hat das FG Köln entschieden, dass die Gestellung von Mahlzeiten gegenüber ausländischen Saisonarbeitskräften sowie die Überlassung von Unterkünften nicht im überwiegend betrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegt. Folge: Die Überlassung ist grundsätzlich lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig (Urteil vom 27.11.2019, 13 K 927/16).

Der Sachverhalt

Der Kläger, ein Land- und Forstwirt, beschäftigte ausländische Saisonarbeitskräfte und stellte ihnen eine – mehr oder weniger bescheidene – Unterkunft zur Verfügung. Für die Überlassung der Unterkunft hatte er den meisten Arbeitnehmern im Rahmen der Lohnabrechnung durchgehend einen Betrag von jeweils 1,55 Euro pro Tag in Abzug gebracht. Der Landwirt stellte den Saisonarbeitskräften ferner arbeitstäglich – per Caterer – ein Mittagessen kostenlos zur Verfügung. Er vertrat die Auffassung, dass die Unterkunfts- und Mahlzeitengestellung keinen geldwerten Vorteil der Arbeitnehmer darstelle, da seinerseits insoweit ein überwiegendes eigenbetriebliches Interesse bestehe. Finanzamt und FG hingegen sahen in der Gewährung von Mittagessen und Unterkunft jeweils einen geldwerten Vorteil, der mit dem geltenden Sachbezugswert anzusetzen sei. Um es auf den Punkt zu bringen: Essen und Wohnen seien ein Menschheitsbedürfnisse; ein Interesse des Arbeitgebers an der Gewährung werde durch das eigene Interesse der Arbeitnehmer überlagert.

Immerhin konnte der Kläger einen Teilerfolg erringen: Die Saisonarbeitskräfte mussten für die Unterkunft jeweils 1,55 Euro pro Tag berappen. Unter Heranziehung der Billigkeitsregelung des § 2 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 2 SvEV sei dieser Betrag angemessen. Da die vom Kläger gegenüber den Arbeitnehmern für die Unterkunft berechnete Miete mithin über dem amtlichen Sachbezugswert lag, sei „unterm Strich“ kein geldwerter Vorteil zu versteuern.

Hinweise

Das FG wies darauf hin, dass zwar grundsätzlich eine Steuerfreiheit der Mahlzeitengewährung nach § 3 Nr. 16, § 9 Abs. 4a EStG (Stichwort „doppelte Haushaltsführung“) für drei Monate hätte in Betracht kommen können. Dazu hätte es aber eines konkreten Nachweises bedurft, so dass dieser Punkt nicht näher untersucht wurde. Man darf unterstellen, dass sich das Finanzamt wohl nicht mit „vorformulierten Selbsterklärungen“ der Saisonarbeitskräfte zufriedengegeben hätte.

Der Streitfall betraf die Jahre 2012 bis 2014. Ob auch heute noch eine Zuzahlung von lediglich 1,55 Euro pro Tag „passend“ wäre, könnte bei dem derzeitigen Mietniveau bezweifelt werden. Ganz abseits vom Steuerrecht wäre natürlich zu wünschen, dass den ausländischen Arbeitskräften tatsächlich ordentliche Unterkünfte bereitgestellt werden, auch wenn dann möglicherweise ein oder zwei Euro mehr an Kosten für die Wohnung anfallen würden. Im Urteilsfall, das sei zur Ehrenrettung des Klägers erwähnt, wurden den Saisonarbeitern immerhin ab Oktober 2014 Zweibettzimmer mit eigener Dusche und eigenem WC zur Verfügung gestellt.

Weitere Informationen:
FG Köln, Urteil vom 27.11.2019 – 13 K 927/16 (www.justiz.nrw.de)


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