Nach der großzügigen Gewährung staatlicher Corona-Soforthilfen im Frühjahr 2020 droht jetzt Unternehmern und Freiberuflern bei fehlendem Liquiditätsengpass die Rückzahlung der Subventionen. Was ist zu beachten?
Hintergrund
Die Soforthilfen wurden in den ersten Monaten der Corona-Pandemie als Billigkeitsleistung für kleine Betriebe und Freiberufler, die aufgrund der Corona-Krise in eine existenzielle Notlage geraten sind, gewährt und sollten dazu dienen, die Verbindlichkeiten aus dem erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten zu begleichen. Entgangene Umsätze und Gewinne konnten damit nicht ersetzt werden.
Letztmalige Antragstellung war am 31.5.2020 möglich, danach starteten die Überbrückungshilfeprogramme des Bundes. Die Gewährung der Soforthilfen von 9.000 € bzw. bis zu 15.000 € erfolgte auf der unternehmerischen Prognose eines Liquiditätsengpasses in den nächsten drei Monaten ab Antragstellung, in denen aus den Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb der regelmäßige Finanz- und Sachaufwand nicht mehr gedeckt werden konnte.
Rückzahlungsverpflichtung bei fehlendem Liquiditätsengpass
Zeigt dann der spätere Rückblick, dass ein Liquiditätsengpass gar nicht oder nicht in geltend gemachter Höhe vorlag, muss dies im Rückmeldeverfahren der Bewilligungsstelle angezeigt und der zu viel erhaltene Betrag rückerstattet werden. Streitpunkt ist jetzt die unterschiedliche Handhabung der Länder bei der Definition des Liquiditätsengpasses und der hieraus resultierenden Rückzahlungskonsequenzen, insbesondere in Bezug auf die Anerkennung von Personalkosten bei der Bestimmung des Engpasses:
Nordrhein-Westfalen (NRW): In NRW durften auch Personalkosten bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Schieflage angesetzt werden, ja sogar ein Unternehmerlohn.
Sachsen: Löhne und Gehälter dürfen dort seit dem Rückmeldeverfahren beim Liquiditätsengpass angerechnet werden, wenn kein Kurzarbeitergeld oder Ersatzleistungen geflossen sind. Dies gilt sowohl für Unternehmen, die bereits den zu viel gezahlten Zuschuss zurückerstattet haben, als auch für die Firmen, die noch zurückzahlen müssen.
Bayern: Dort läuft das Rückmeldeverfahren seit Ende November 2022, Unternehmen und Freiberufler haben für die Rückmeldung Zeit bis 30.6.2023. Personalkosten wie Unternehmerlohn bleiben aber generell außer Ansatz, auch dann, wenn kein Kurzarbeitergeld beantragt wurde.
Dieser beispielhafte Befund erklärt den verständlichen Ärger vieler Unternehmen und Freiberufler, denen jetzt die vollständige Rückzahlung der Corona-Soforthilfen droht. Zu Recht wird beanstandet, dass es sich beim Soforthilfeprogramm um ein Bundesprogramm handelt, das in den Ländern nicht unterschiedlich gehandhabt werden sollte. Wären in Bayern den Unternehmen die Konsequenzen bewusst gewesen, hätten sie sicher in größerem Umfang Kurzarbeitergeld beantragt und auch bewilligt bekommen.
Weil das Rückmeldeverfahren komplex ist, muss vielfach ein Steuerberater eingeschaltet werden, der zusätzlich Geld kostet – außer Spesen nichts gewesen.
Welche Konsequenzen drohen Unternehmern?
Jeder Antragsteller ist selbst verpflichtet zu prüfen, ob er sich in einer existenzbedrohenden Wirtschaftslage durch die Corona-Krise befand und wie hoch sein tatsächlicher Liquiditätsbedarf ist bzw. im Frühjahr 2020 war. Bei Unstimmigkeiten hatte er unverzüglich eine ggf. notwendige (Teil-)Rückzahlungsverpflichtung bei der bewilligenden Stelle zu melden und eine (Teil-)Rückzahlung an diese vorzunehmen – unaufgefordert.
In der Praxis hat aber meist auch der Steuerberater auf eine mögliche Überzahlung der Soforthilfe z.B. aufgrund von geringerem Liquiditätsbedarf für seine Mandanten im Blick behalten und auf eine mögliche Rückzahlungsverpflichtung hingewiesen. Unternehmer waren und sind deshalb gut beraten, den Kontakt zu ihrem Steuerberater zu suchen und diesen um Unterstützung bei der Ermittlung/Zusammenstellung der notwendigen Zahlen zu bitten mit der möglichen Folge einer (Teil-) Rückzahlung erhaltener Soforthilfen.
Unternehmer und Freiberuflern, nicht deren Steuerberatern, drohen bei Pflichtverletzungen Konsequenzen, die nicht unterschätzt werden sollten: Stellt die Behörde im Rahmen einer Nachprüfung fest, dass der Antragsteller ganz oder teilweise unberechtigt Corona-Soforthilfe bezogen hat, kann der Verdacht auf Subventionsbetrug gegeben sein mit der Folge der Einleitung eines Strafverfahrens. Auch gewerberechtliche Konsequenzen (z.B. Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO wegen Unzuverlässigkeit) können begründet werden und die Haftung der Geschäftsführung nach § 130 OWiG drohen.
Bewertung
Es ist bedauerlich, wenn die Corona-Hilfsprogramme des Bundes in den Ländern mit unterschiedlich strengen Maßstäben umgesetzt werden: Die Dummen sind vor allem die Ehrlichen und die Antragsteller aus Bayern, bei denen jetzt „spitz“ abgerechnet wird. Bayern denkt deshalb darüber nach, wie man großen Bürokratieaufwand und Rückzahlungsaufwand eventuell doch noch abwenden kann – möglicherweise zu spät…
Quellen
- Soforthilfe des Bundes v. 20.3.2020:
BMWK – Soforthilfe für Solo-Selbstständige und Kleinstbetriebe - Corona-Soforthilfe: Rückzahlungshinweise BayWiMi:
Soforthilfe Corona – Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (bayern.de) - Hinweise Sachsen:
Änderung bei der Soforthilfe in der Abrechnungsmodalität – IHK Chemnitz
Niedersachsen: Ein Liquiditätsengpass wird überhaupt nur dann geprüft, wenn der Antrag nach dem 30.03.2020 eingegangen ist. Wer vorher schon Corona-Soforthilfe beantragt hat, darf sie uneingeschränkt behalten.
Es kann einen eigentlich nichts mehr schocken.