Rückwirkende Besteuerung des Handwerkers nach § 27 Abs. 19 UStG

Wer Bauträger und noch schlimmer die Handwerker berät, die an Bauträger leisten, muss nicht nur verzweifeln, sondern Zweifel an unserem Rechtsstaat haben. Dem Handwerker nachträglich (nach Jahren) die USt-Schuld zuzuschieben, weil der BFH die Steuerschuld des Bauträgers nach § 13b UStG nicht bestätigt hat (V R 37/10), ist der eigentliche Skandal. Das BMF und dem folgend der Gesetzgeber setzen den Vertrauensschutz außer Kraft (§ 176 AO). Man nehme ein neues Gesetz und so bleibt dann ein Steuerschuldner für den (schlafenden) Fiskus übrig. Ich nenne das „Steuerwäsche“.

Als erstes FG konnte das FG Berlin-Brandenburg sich mit dieser Neuentwicklung der steuerrechtlichen Rechtskultur beschäftigen. Zur Zeit liegt die Pressemitteilung vom 05.06.15 vor. Das FG hat dem Handwerker vorläufigen Rechtsschutz in Form der Aussetzung der Vollziehung gewährt (5 V 5026/15). Der begründete Beschluss liegt noch nicht vor. Das Gericht betont in der Pressemitteilung, dass erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel an dieser Regelung bestehen (Hinweis auf § 176 Abs. 2 AO). Der Ausschluss des Vertrauens könnte gegen das im Grundgesetz verankerte Rückwirkungsverbot verstoßen. Auch droht dem Antragsteller ein erheblicher Vermögensschaden, da er die Steuer wegen der zivilrechtlichen Verjährung seinem Vertragspartner nicht nachträglich in Rechnung stellen könne.

Das Hauptverfahren und später der BFH und  zum Schluss werden das BVerfG die Rechtslage endgültig klären. Für die Praxis ist das nicht hinnehmbar, weil zum jetzigen Zeitpunkt sich jeder Betroffene im wahrsten Sinne des Wortes gegen die Entscheidung des Finanzamtes wehren muss.

Zur Zeit sind die Finanzämter aktiv, die Abtretungsverträge der USt Schuld des Handwerkers „an den Mann zu bringen“. Es gibt viele gute Gründe, der Auffassung der Finanzverwaltung nicht zu folgen. Zum Schluss ist der Handwerker der Dumme, der sich auf dieses Spielchen der Steuerwäsche einlässt . Wird die Rechtsauffassung des FG Berlin-Brandenburg endgültig bestätigt, hätte die Rechnung des Handwerkers nicht berichtigt werden dürfen. Nun schuldet er sie nach § 14c UStG. Wer das ausschließen will, hat immer noch guten Glauben an die Finanzverwaltung. Den kann ich nun wirklich nicht teilen!

In dem vorgelegten Abtretungsvertrag wird ausformuliert, dass der abtretende Handwerker bestätigt, dass der Anspruch zivilrechtlich zu Recht besteht und nicht in Streit ist. Außerdem wird die hier umstrittene Rechtslage zum Gegenstand des Vertrages gemacht, weil diese als Vertragsbestandteil erläutert wird. Wer so die Gesetzte vergewaltigt, findet auch für diese dann neu eingetretene Rechtssituation einen „Dummen“.

Mit anderen Worten: Hände weg von irgendwelchen Zugeständnissen! Die Berater müssen die betroffenen Handwerker und Bauträger umfassend und lückenlos aufklären. Wer sich dann nicht gegen die Finanzverwaltung zu Wehr setzen will, hat das dem Steuerberater schriftlich zu erklären. Selbstverständlich muss die umfassende Aufklärung durch den Steuerberater durch bestätigende Unterschrift des Mandanten erfolgen.

Die Praxis sieht überwiegend offensichtlich anders aus. Man geht diesem Streit aus dem Weg und kann damit alles falsch machen. Dann droht eine immense Haftungsgefahr und versicherungstechnisch könnte die sich dann ergebende falsche Beratung sich nachträglich auf den so sicher geglaubten Versicherungsschutz auswirken. Ich stelle fest, die Finanzverwaltung ist ein unfairer Partner, wenn man diesen Begriff überhaupt an dieser Stelle benutzen will.

Einige Kollegen haben ein „Einsehen“ mit dem Fiskus, denn irgendwie muss doch diese Steuer bezahlt werden. Wirklich? Wie verhält sich die Finanzverwaltung bei nicht ganz ordnungsgemäßen Rechnungen? Sie verweigert den Vorsteuerabzug, obwohl der Leistende die USt bezahlt hat. Diese „Rücksichtnahme“ ist also nicht angebracht. Das Risiko des Klageverfahrens beim BFH hätten qualifizierte und sorgfältig agierende Beamte verhindert, wenn das Gesetz im Sinne der Kläger geändert worden wäre. Nun ist der „Scherbenhaufen“ da und man versucht sich in der „Steuerwäsche“.

An dieser Stelle wird deutlich, dem Institut der Steuerhinterziehung (durch den Bürger) fehlt das „Gegenstück“ nämlich die Steuerverschwendung. Auch beim Fiskus und in der Politik sollten Verantwortliche auch tatsächlich die Verantwortung tragen und bei Fehlverhalten zu Lasten der Allgemeinheit zur Rechenschaft gezogen werden können. Das ist aus diesem Tollstück der Entwicklung des Steuerrechtes zu lernen!

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Ein Kommentar zu “Rückwirkende Besteuerung des Handwerkers nach § 27 Abs. 19 UStG

  1. Ich kann nur zustimmen. Von unseren Berufsverbänden sollten schnellst möglich Handlungsempfehlungen zum Umgang mit den Abtretungserklärungen folgen.

    Schedl J.
    Steuerberater

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