Mit dem BMF-Schreiben vom 13.01.2021 (IV C 6 -S 2138/19/10002 :003) hat das Ministerium die Reinvestitionsfristen für Ersatzbeschaffungen i.S.v. R 6.6 EStR um ein Jahr vorübergehend verlängert.
Hintergrund
Gem. R 6.6 der Einkommensteuerrichtlinien kann die Gewinnverwirklichung durch Aufdeckung stiller Reserven in bestimmten Fällen der Ersatzbeschaffung vermieden werden. Voraussetzung dafür ist, dass
- ein Wirtschaftsgut des Anlage- oder Umlaufvermögens infolge höherer Gewalt oder infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs gegen Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet,
- innerhalb einer bestimmten Frist ein funktionsgleiches Wirtschaftsgut (Ersatzwirtschaftsgut) angeschafft oder hergestellt wird, auf dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten die aufgedeckten stillen Reserven übertragen werden, und
- in dem handelsrechtlichen Jahresabschluss entsprechend verfahren wird.
Zweck dieser von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Anerkennung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung und deren Übertragung auf ein Ersatzwirtschaftsgut „ist nicht allein die als unbillig empfundene Besteuerung eines Gewinns, der durch die zwangsweise Aufdeckung stiller Reserven entsteht; vielmehr soll dem Steuerpflichtigen ermöglicht werden, die erlangte Entschädigung zur Wiederbeschaffung des Ersatzwirtschaftsguts zu verwenden“ (vgl. BFH v. 14.10.1999, IV R 15/99).
Folge der Rücklagenbildung ist, dass der realisierte Gewinn zunächst neutralisiert wird. Die Auflösung der Rücklage für Ersatzbeschaffung muss jedoch gewinnerhöhend stattfinden, wenn die Absicht der Ersatzbeschaffung aufgegeben oder die Reinvestition nicht innerhalb einer bestimmten Frist durchgeführt wird. Je nach Art des Wirtschaftsgutes beträgt die Frist zwischen einem und sechs Jahren.
BMF-Schreiben vom 13.01.2021
Mit dem Schreiben vom 13.01.2021 hat die Verwaltung nunmehr klargestellt, dass sich „die in R 6.6 Abs. 4 Satz 3 bis 6, Abs. 5 Satz 5 und 6 sowie Abs. 7 Satz 3 und 4 EStR geregelten Fristen für die Ersatzbeschaffung oder Reparatur bei Beschädigung“ jeweils um ein Jahr verlängern, „wenn die genannten Fristen ansonsten in einem nach dem 29. Februar 2020 und vor dem 1. Januar 2021 endenden Wirtschaftsjahr ablaufen würden.“
Fristverlängerung verschafft Unternehmen erforderlichen Spielraum
Die verkündete Fristverlängerung ist zu begrüßen. Beim Überschreiten der regulären Fristen bleibt es somit bei einer Freistellung des Veräußerungsgewinns von der Einkommensbesteuerung. Die derzeitig oftmals begrenzten Mittel für erforderliche Investitionsvorhaben gehen nicht unter, sondern bleiben zunächst dank einer weiterhin existenten Rücklage erhalten. Das BMF gleicht die Fristen nach R 6.6 EStR mit dem Schreiben in angemessener Weise an diejenigen zur Bildung von „6b-Rücklagen“ an. Diese waren bereits mit dem II. Corona-Steuerhilfegesetz v. 30.06.2020 zeitlich verlängert worden.