Rückforderung von „Riester-Abzug“: Herbe Schlappe für Finanzverwaltung

Manch Riester-Sparer hat in der Vergangenheit unangenehme Post seines Finanzamts erhalten. Ihm wurde mitgeteilt, dass der bereits gewährte Sonderausgabenabzug für mehrere Jahre zu kürzen sei, weil die Voraussetzungen für den Abzug nicht vorgelegen hätten. Ich nehme an, dass die Rückforderungen überwiegend zurecht erfolg(t)en.

Doch es gibt auch Fälle, in denen diese falsch sind. Und dann beginnt das verfahrensrechtliche „Elend“.

Zunächst: Das Finanzamt reagiert „nur“ auf die Mitteilung der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) und fühlt sich insoweit – wie an einen Grundlagenbescheid – gebunden. Eine eigenständige Prüfung nimmt es nicht vor. Einwendungen des Steuerpflichtigen müssten bei der Zulagenstelle erfolgen. Doch entsprechende Einwendungen bei der ZfA sind gar nicht so einfach, da erstens vielfach gar nicht klar, wo der Fehler liegt, da die Bescheidbegründungen der Finanzämter arg zu wünschen übriglassen. Und zweitens sind die Fristen für Einwendungen bei der ZfA oftmals längst abgelaufen.

Doch nun kommt Unterstützung vom BFH. Dieser hat soeben entschieden, dass das Finanzamt eigenständig prüfen muss, ob die Voraussetzungen für die Rückgängigmachung des Sonderausgabenabzugs tatsächlich vorliegen. Es ist im Zweifelsfall verpflichtet, die Richtigkeit der Mitteilung der Zulagenstelle im Besteuerungsverfahren zu überprüfen (BFH-Urteil vom 8.9.2020, X R 2/19; gleichlautend: X R 16/19).

Der Sachverhalt:

Die Eheleute zahlten beide in ihre Altersvorsorgeverträge ein. Der Ehemann hatte in dem Vertragsformular fälschlicherweise angegeben, nur mittelbar zulageberechtigt zu sein. Die Ehegatten machten in ihren Steuererklärungen für die Streitjahre jeweils den Sonderausgabenabzug geltend. Erst nach einigen Jahren teilte die ZfA dem Finanzamt mit, dass der Ehemann nur mittelbar zulageberechtigt sei. Daraufhin änderte das Finanzamt die Einkommensteuerbescheide und kürzte den Sonderausgabenabzug. Zwar konnte der Ehemann nachweisen, dass er tatsächlich unmittelbar zulageberechtigt war, doch das Finanzamt sah sich an die Mitteilung der ZfA gebunden. Die ZfA wiederum lehnte die nachträgliche Festsetzung der Altersvorsorgezulage ab, da die Anträge nicht fristgemäß eingegangen seien.

Doch der BFH sieht die Sache anders:

Den Eheleuten sei aufgrund ihrer unmittelbaren Zulageberechtigung der ungekürzte Sonderausgabenabzug gemäß § 10a Abs. 1 EStG zu gewähren. Die Mitteilung der ZfA sei im Verhältnis zum Einkommensteuerbescheid weder ein Grundlagenbescheid noch komme ihr eine ähnliche Wirkung zu. Das Finanzamt darf den Inhalt dieser Mitteilung nicht ungeprüft umsetzen.

Auf die Finanzämter dürfte nun viel Arbeit zukommen. Schön ist in diesem Zusammenhang folgende Aussage des BFH: „Auch eine effizient arbeitende Verwaltung hat effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten“. Die Finanzverwaltung hätte den Rechtsschutz der Steuerpflichtigen gerne zugunsten einer möglichst hohen Automation geopfert. Damit ist sie dann aber doch übers Ziel hinausgeschossen.

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