Künftig ist in zwölf Handwerksberufen eine bestandene Meisterprüfung wieder die Voraussetzung dafür sich mit einem eigenen Betrieb selbständig machen zu dürfen. Dies hat der Bundestag abschließend am 12.12.2019.
Halbherzig? In fünf Jahren soll die Handwerksnovelle evaluiert werden, dann könnten weitere Gewerke wieder in die Meisterpflicht einbezogen werden.
Hintergrund
Die sogenannte Meisterpflicht war 2004 für 53 von 94 Gewerken abgeschafft worden. Hintergrund der Liberalisierung waren die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und europarechtliche Bedenken gegen zu weitgreifende Einschränkungen des Berufszugangs. Mehr Firmengründungen vor allem bei einfacheren handwerklichen Tätigkeiten und damit mehr Wettbewerb sollten stimuliert werden.
Allerdings: Seit der letzten Novelle 2003 habe sich „das Berufsbild und auch der Schwerpunkt der praktischen Berufsausübung einzelner zulassungsfreier Handwerke weiterentwickelt und verändert“, heißt es im Koalitionsentwurf (BT-Drs. 19/14335). Diese Veränderungen seien „so wesentlich, dass sie eine Reglementierung der Ausübung der betroffenen Handwerke zum Schutz von Leben und Gesundheit sowie der Wahrung von Kulturgütern und immateriellem Kulturerbe im Sinne eines Wissenstransfers erforderlich machen“. Gleichzeitig haben sich laut Regierungskoalition die Ausbildungszahlen und die Meisterprüfungen reduziert.
Zielsetzung und Inhalt der Handwerksnovelle
Der Bundestag hat sich am 12.12.2019 für die Annahme eines Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BT-Drs.19/14335) ausgesprochen. Der Entwurf wurde in einer vom Wirtschaftsausschuss geänderten Fassung (BT-Drs. 19/15873) mit breiter Mehrheit angenommen. Der Bundesrat hatte gegen den Regierungsentwurf keine Einwendungen erhoben (BT-Drs. 19/15705). Durch die Wiedereinführung der Zulassungspflicht als Voraussetzung zum selbstständigen Betrieb der betroffenen Handwerke sollen zum einen die vorgenannten Ziele erreicht, zum anderen einer weiter rückläufigen Ausbildungsleistung gegengesteuert werden.
Das bedeutet:
- Eine bestandene Meisterprüfung ist künftig wieder in 12 Handwerksberufen die Voraussetzung dafür, sich mit einem eigenen Betrieb selbstständig zu machen.
- Betroffen sind folgende Handwerksberufe: Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Betonstein- und Terrazzohersteller, Estrichleger, Behälter- und Apparatebauer, Parkettleger, Rollladen- und Sonnenschutztechniker, Drechsler und Holzspielzeugmacher, Böttcher, Glasveredler, Schilder- und Lichtreklamehersteller, Raumausstatter sowie Orgel- und Harmoniumbauer. In der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 19/14335) wird ausgeführt, dass es sich dabei um Berufe mit hohen Sicherheitsanforderungen handelt beziehungsweise mit kulturell wertvollem Wissen, das weitergegeben werden soll.
- Bereits bestehende Handwerksbetriebe in den genannten Gewerken, die ohne Meister geführt werden, genießen einen zeitlich unbegrenzten Bestandsschutz.
Kritik an vielen Stellen
Auch wenn die Handwerksnovelle am Ende mehrheitlich beschlossen wurde, zeigt die parlamentarische Beratung, dass in Bezug auf die Regulierungsdichte im Handwerk ein breiter Riss durch die Parteienlandschaft geht. Mehrere Änderungsinitiativen der Opposition blieben im Gesetzgebungsverfahren ohne Mehrheit. In zweiter Beratung hatte der Bundestag zuvor mit wechselnden Mehrheiten drei Änderungsanträge von Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drs.19/15878, 19/15879, 19/15880) zum Gesetzentwurf abgelehnt. Ein Gesetzentwurf der AfD zur Wiedereinführung der Meisterpflicht für alle zulassungspflichtigen Handwerksberufe (BT-Drs. 19/11120) wurde mit der Mehrheit der übrigen Fraktionen abgelehnt, ebenso ein Antrag der AfD zur Wiedereinführung der Meisterpflicht (BT-Drs. 19/4633) . Ebenfalls abgelehnt wurde ein Antrag der Linksfraktion (BT-Drs. 19/10154) zur Ausweitung der Meisterpflicht.
Richtig ist sicher, dass es um Wertschätzung für das Handwerk, aber auch um Qualität, Qualifizierung und um die Zukunft der Betriebe geht. Vor allem bei gefahrgeneigten handwerklichen Tätigkeiten bietet der Meisterbrief eine gute Grundlage für den Verbraucher- und Gewährleistungsschutz sowie Qualitätssicherung, auch wenn damit der Zugang zu Handwerksleistungen wieder schwieriger und teurer werden könnte.
Ob allerdings der „Schutz von Kulturgut“ und die Beschränkung auf nur 12 Gewerke trägt und vor den Gerichten Bestand haben wird, muss erst die praktische Umsetzung zeigen. Man vermisst im Gesetz auch eine (fünfjährige?) Übergangsfrist für Betriebe, die derzeit nicht von einem Meister geführt werden, für den Fall des Betriebsübergangs. Diesen droht bald die Schließung, wenn dafür kein Meister gefunden werden kann. Das könnte die Betriebsnachfolge im Handwerk erschweren und Arbeitsplätze gefährden.
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