Risikofaktor PayPal & Co. für E-Commerce-Unternehmen

Der Umsatz im deutschen eCommerce-Markt wächst seit der Jahrtausendwende stetig und wird 2022 etwa 126,20 Mrd. € betragen (Quelle: Statista). Viele eCommerce-Händler nutzen Zahlungsdienstleister wie PayPal. Diese Dienstleister haben strenge, vor allem aber intransparente, interne Geldwäschebestimmungen. Auf Grundlage dieser internen Regeln kommt es vermehrt zu monatelangen Sperrungen der Guthaben auf Händlerkonten.

In diesem Beitrag erläutere ich, wie Unternehmen in diesen Fällen reagieren sollten und was präventiv zu veranlassen ist, um die Risiken für den eigenen Geschäftsbetrieb zu reduzieren.

Hohe Risiken für eCommerce Händler

Die Folgen von Kontosperrungen – oder Beschränkungen – können für betroffene eCommerce-Händler schnell desaströs werden, denn die Guthaben, teils im sieben- oder achtstelligen Bereich, werden in der Regel für den Geschäftsbetrieb benötigt. Ich selbst habe vor kurzem einen deutschen eCommerce-Händler dabei unterstützt, einen mittleren siebenstelligen Betrag von PayPal loszulösen. Gerade noch rechtzeitig, denn aufgrund einer monatelangen Kontosperrung drohte die Zahlungsunfähigkeit.

Ausgangslage: Zahlungsabwicklung über PayPal & Co.

Zahlungsdienstleister wie PayPal erleichtern eCommerce-Händlern die Abwicklung von Kunden- und Lieferantenzahlungen. Die entsprechenden Tools werden vor allem von Kunden geschätzt, bieten sie doch einen benutzerfreundlichen, käuferschützenden und schnellen Weg, online getätigte Käufe zu bezahlen. Schnell sammeln sich so bei den Händlern hohe Guthaben an.

Catch me if you can

Das Beispiel PayPal zeigt die Kehrseite der Benutzerfreundlichkeit. Händler unterhalten in der Regel sog. Geschäftskonten, über welche Guthaben in verschiedenen Währungen verwaltet werden können. Vertragspartner bei PayPal Geschäftskonten ist die PayPal (Europe) S.à r.l mit Sitz in Luxemburg . In Deutschland unterhält PayPal keine Niederlassung. Eine inländische, zustellfähige Adresse existiert nicht. Die einzige Kontaktadresse liegt in Luxemburg, zudem wird eine allgemeine E-Mail-Adresse für Beschwerden angegeben.

Die Nutzungsbedingungen und die zwischen den kommerziellen Kontoinhabern und PayPal bestehende Rechtsbeziehungen unterliegen zudem den Gesetzen von England und Wales. Ausschließlicher Gerichtsstand sind die Gerichte von England und Wales. Gerade dieser Umstand erschwert vielen Betroffenen in der Praxis die Rechtsdurchsetzung.

Verbotene Aktivitäten

In den Nutzungsbedingungen führt PayPal eine lange Liste „verbotener Aktivitäten“ auf. Diese Liste ist an vielen Stellen unpräzise und gibt PayPal große Interpretationsspielräume. So dürfen Händler zum Beispiel ihre Geschäfte „nicht auf eine Weise führen, die zu Beschwerden oder Anfragen durch Käufer führen“ oder „Spam versenden“.

Prüfmaßstab für verbotene Aktivitäten

Wann liegt eine verbotene Aktivität eines eCommerce-Händels vor? Bedarf es zum Beispiel bestimmter, messbarer Anhaltspunkte? Die Antwort geben ebenfalls die Nutzungsbedingungen:

PayPal hat hier einen nicht überprüfbaren und kaum angreifbaren Ermessensspielraum. So können Konten dann eingeschränkt werden, wenn „ein schneller Anstieg des üblichen Umsatzvolumens vorliegt oder der Verkauf eines völlig neuen oder teuren Produkttyps vorliegt“. Das bedeutet nichts anderes, als dass überdurchschnittliche Erfolge eines Händlers akute Gefahren für die Verfügbarkeit von Guthaben nach sich ziehen.

Kontosperrung

So unpräzise die zahlreichen Verbote sind, so klar sind die Maßnahmen, die PayPal ergreifen darf, wenn Händler an „verbotenen Aktivitäten“ mitwirken: PayPal darf insbesondere das Guthaben solange sperren, wie dies „vernünftigerweise notwendig ist, um PayPal gegen etwaige Haftungsrisiken zu schützen“.

Kontosperrung – und dann?

In der Regel laufen Kontosperrungen und -einschränkungen nach dem gleichen Muster. Zuerst wird ein Teil des Kontos eingeschränkt, dann erfolgt schnell die vollständige Sperrung des Kontos. In der Folge wendet sich der Kontoinhaber an den Dienstleister mit Fragen. Die Zahlungsdienstleister antworten mit pauschalen Antworten („Anzeichen von verbotenen Geschäften“, „Haftungsrisiko“). Diese Kommunikation geht oft über mehrere Wochen, ohne dass sich freilich an der Kontosperrung bzw. Beschränkung etwas ändert.

Wie sollten Betroffene reagieren?

Die Sperrungen von Konten erfolgen oft rechtsgrundlos und ohne nachvollziehbare Begründung. In vielen Fällen wird mit der Sperrung in erheblicher Weise in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Kontoinhaber eingegriffen, was ab Tag eins der Kontosperrung bzw. Einschränkung zu erheblichen Schäden führen kann. Die Vorenthaltung der zum Weiterbetrieb des Unternehmens dringend erforderlichen Liquidität kommt oft einem existenzvernichtenden Eingriff gleich, der bei weiterer rechtswidriger Vorenthaltung der Guthaben zur vollständigen Vernichtung des Geschäftsbetriebs führen kann. Diese Aspekte können unabhängig von den Nutzungsbedingungen vor deutschen Gerichten geltend gemacht werden.

Kein eigenhändiges Verhandeln

Aufgrund der Dringlichkeit der Angelegenheit müssen betroffene Kontoinhaber jedoch zügig handeln, um im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes das betroffene Konto wieder zu entsperren. Insbesondere die eigenhändige Kommunikation mit Dienstleistern im Ausland führt nach unserer Erfahrung zu keinen greifbaren Erfolgen, vielmehr kostet ein solches Vorgehen wertvolle Zeit.

Prävention

Zur Vermeidung von Kontobeschränkungen- oder Sperrungen raten wir, die Konten bei PayPal & Co. regelmäßig zu überprüfen und die Guthaben auf ein Mindestniveau zu reduzieren, damit im Falle des Falles noch Handlungsspielraum besteht. Wenn ein starker Umsatzwachstum erwartet wird, empfehlen wir, mit anwaltlicher Unterstützung proaktiv auf die Zahlungsdienstleister zuzugehen, die Umstände zu erläutern und die Bereitschaft zu erklären, etwaige Fragen transparent zu beantworten.


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