Soziale Medien als Risiko für Unternehmen? Als Erstes fallen mir Fälle ein, in denen Unternehmen kritische Posts gelöscht haben, anstatt konstruktiv auf die Kritik einzugehen. Das Risiko? Der daraus resultierende Imageschaden. Aber ist das wirklich ein Risiko, das für den Risikobericht relevant ist? Beim Pharmakonzern Merck ist es das offenbar.
Warum lohnt es sich, darüber zu berichten? Ein solches Risiko ist mir bisher bei keinem großen börsennotierten Unternehmen aufgefallen. Gerade bei einigen innovativen Geschäftsmodellen könnte sich ein Imageschaden durch Social Media messbar auf den Umsatz auswirken. Nach meiner Einschätzung auch messbarer als bei Merck. Was mich wundert? Merck wurde 2018 mit dem Life Science Industry Award® für den besten Einsatz von Social Media ausgezeichnet.
Welche Risiken Merck bei der Nutzung sozialer Medien sieht
Risiken aus der Nutzung sozialer Medien werden erstmals im Geschäftsbericht 2017 als separates Risiko ausgewiesen. Im Risikobericht (Geschäftsbericht 2023, S. 99) legt Merck dazu die folgenden Informationen offen:
„Wir und unsere Mitarbeiter sind auf zahlreichen sozialen Medien aktiv. Eine konsistente und mit rechtlichen sowie regulatorischen Anforderungen im Einklang stehende Nutzung dieser Plattformen und der damit verbundenen Inhalte ist unter anderem für die Steigerung unserer Markenbekanntheit bedeutend. Wir treffen alle notwendigen Vorkehrungen und haben Prozesse implementiert, um das Bewusstsein für den richtigen Umgang mit sozialen Medien sowie die aktive Kontrolle unserer Veröffentlichungen und Mitteilungen zu gewährleisten.
Dennoch ist es möglich, dass sich beispielsweise aus öffentlich geführten Dialogen in sozialen Medien Reputationsrisiken ergeben. Auf der qualitativen Bewertungsskala stufen wir dies daher als ein erhebliches Risiko ein.“
Mein erster Gedanke? Dieser Text könnte in fast jedem Risikobericht stehen. Die Nutzung Sozialer Medien ist heute so selbstverständlich wie das morgendliche Einchecken in der Konzernzentrale. Der Fließtext enthält weder unternehmens- noch branchenspezifische Informationen.
Eine kurze Einschätzung
Was mir fehlt? Ganz klar: Der Bezug zum Unternehmen oder zur Branche. So finde ich die Informationen nicht aussagekräftig. Mindestens genauso wichtig, aber leider auch nicht Teil des Textes: Wie geht Merck mit diesem Risiko um? Welche vorbeugenden Maßnahmen werden ergriffen? Also zum Beispiel Mitarbeiterschulungen, Sensibilisierung für Reputationsrisiken oder ähnliches: Um dem Leser wirklich einen Mehrwert zu bieten, sollte der Text nicht beliebig austauschbar sein.
Offensichtlich scheint Merck bei der Nutzung von Sozialen Medien auf dem richtigen Weg zu sein. Denn 2018 wurde der Pharmakonzern für den besten Einsatz von Sozialen Medien ausgezeichnet. Das ist zwar schon ein paar Jahre her, aber sicherlich gibt es entsprechende Präventionsmaßnahmen, um die Risiken aus der Nutzung von Social Media zu reduzieren. Schließlich wird im Risikobericht seit vielen Jahren darüber berichtet.
Um das Vertrauen der Anleger zu stärken, sind nicht nur transparente, sondern auch aussagekräftige Informationen im Risikobericht hilfreich. Ein weiteres Risiko. Aber mal ehrlich: Die Benennung der einzelnen Risiken ist bei Merck schon sehr detailliert, finde ich.
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