Am 18.12.2020 hat der Bundesrat dem am Vortrag vom Bundestag beschlossenen Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens zugestimmt (BR-Drs.761/20 (B), BT-Drs. 19/21981, 19/25251, 19/25322). Überschuldete Unternehmen und Verbraucher sollen damit jetzt schneller aus der Insolvenz herauskommen.
Hintergrund
Mit der sog. Restschuldbefreiung können Schuldner nach der InsO unter bestimmten Voraussetzungen von nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber ihren Gläubigern befreit werden. Das gibt ihnen dann die Chance auf einen wirtschaftlichen Neuanfang. Allerdings beträgt die Dauer eines solchen Restschuldbefreiungsverfahrens bislang sehr Jahre – eine sehr lange Zeit, die in den meisten Fällen verhindert, dass ein insolventes Unternehmen überhaupt nochmal auf die Beine kommt. Hinzu kommt, dass die geltende Regelung nicht mit einer EU-Regelung zu Restrukturierung und Insolvenz im Bereich der Entschuldung vereinbar ist. Das ändert sich jetzt.
Was ändert sich?
Gerade mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie sollen „redliche Schuldner schneller die Möglichkeit für einen Neuanfang“ erhalten. Das bedeutet:
- Verkürzung der Verfahrensdauer:
Die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahren wird von sechs auf drei Jahre verkürzt. Mit dem Instrument der Restschuldbefreiung können Schuldner unter bestimmten Voraussetzungen schneller von nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber ihren Gläubigern befreit werden.
- Hilfe für coronabedingte Insolvenzen:
Damit auch diejenigen profitieren, die durch die Corona-Pandemie in finanzielle Schieflage geraten sind, gilt das Gesetz rückwirkend für alle ab dem 1.10.2020 beantragten Insolvenzverfahren. Für Anträge, die zwischen dem 17.12.2019 und dem 30.9.2020 gestellt wurden, gibt es eine Übergangsregelung. In diesen Fällen verkürzt sich laut Bundesregierung der bisherige reguläre Zeitraum von sechs Jahren, der für eine Befreiung von der Restschuld erforderlich ist, um so viele volle Monate wie seit dem Inkrafttreten der EU-Richtlinie am 16.10.2019 bis zur Stellung des Insolvenzantrags vergangen sind.
- Berufsverbote:
Insolvenzbedingte Verbote beruflicher Tätigkeiten treten künftig mit Ablauf der Entschuldungsfrist außer Kraft. Bei erlaubnis- und zulassungspflichtigen Tätigkeiten muss allerdings erneut eine Genehmigung eingeholt werden.
- Zweite Restschuldbefreiung:
Verlängert wurde hingegen die Sperrfrist für ein zweites Restschuldbefreiungsverfahren: Sie wird von zehn auf elf Jahre erhöht. Das zweite Verfahren unterliegt dann auch einer längeren Verfahrensdauer von fünf Jahren. Die Verkürzung des Verfahrens führt nicht dazu, dass Schuldner im Falle einer späteren Wiederverschuldung schneller zu einer zweiten Entschuldung kommen können.
Bewertung
Mit dem Gesetz ebnet der Bund redlichen Schuldnern schneller den Weg aus der Insolvenz, das ist gut so. Das Gesetz ist Teil des Konjunktur- und Krisenbewältigungspakts, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abzufedern. Es setzt zudem Vorgaben der EU-Richtlinie über die Restrukturierung und Insolvenz für den Bereich der Entschuldung um, ich hatte bereits berichtet. Die jetzt beschlossene Verkürzung der Frist bei der Restschuldbefreiung ist nicht nur die überfällige Umsetzung des vorrangigen EU-Rechts, sondern vor allem auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu begrüßen.
Trotz umfangreicher staatlicher Corona-Finanzhilfen, die leider auch zu spät bei den bedürftigen Adressaten ankommen, werden es viele Selbständige und Unternehmen nicht schaffen, eine Insolvenz abzuwenden, obwohl sie selbst kein Verschulden trifft. Deswegen ist auch richtig, dass der Gesetzgeber die neue Restschuldbefreiung rückwirkend ab 1.10.2020 in Kraft setzt, um allen seit diesem Zeitpunkt in coronabedingte Insolvenz geratenen Betroffenen nach einem überschaubaren Zeitraum „eine zweite Chance“ zu geben.
Quellen
BR-Drs. 761/20
BT-Drs. 19/21981, 19/25251, 19/25322
Gut zu wissen, dass die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens mit dem neuen Gesetzentwurf von sechs auf drei Jahre verkürzt wird, damit Schuldner schneller von ihren Verbindlichkeiten befreit werden. Mein Onkel möchte sich von seinen Schulden möglichst schnell befreien. Er freut sich, dass ihm dies der neue Gesetzentwurf zum Insolvenzverfahren ermöglichen würde.
Diese Änderungen im Restschuldbefreiungsverfahren sind eine überfällige Neuerung, die den Weg für eine schnelle finanzielle Genesung ebnet. Eine kürzere Dauer bedeutet einen schnelleren Neuanfang für überschuldete Unternehmen und Verbraucher, die eine zweite Chance verdient haben. Zudem ist es bemerkenswert, dass die Auswirkungen der Pandemie bei der Gestaltung dieser Gesetzesänderungen berücksichtigt wurden. Vielleicht wäre es interessant zu erörtern, wie Kreditversicherungen in diesem Kontext eine Rolle spielen könnten. Könnten sie vielleicht einen Beitrag zur Minimierung des Risikos von Insolvenzen leisten, indem sie die Ausfallrisiken beim Verkauf von Waren und Dienstleistungen reduzieren? Wie sehen Sie die Rolle solcher Versicherungen in dieser neu gestalteten Landschaft der Restschuldbefreiung, Prof. Dr. Jahn?
Restschuldversicherungen sind zwar grundsätzlich geeignet, Risiken wie Arbeitslosigkeit, Erkrankung, Zahlungsunfähigkeit abzusichern. Allerdings ist die RV kein Allheilmittel in jedem Fall, es kommt auf den Einzelfall an. Denn es kommt auf die Bewertung des Risikos im Einzelfall an, die Laufzeit der Versicherung, den genauen Inhalt des Leistungsversprechens und die Laufzeit, schließlich die Kosten.