Unternehmer, die in der Gastronomie tätig sind, haben gerade zwar andere Sorgen haben als die Höhe des Umsatzsteuersatzes für ihre Leistungen. Doch irgendwann kommt der Tag, an dem die Speisenabgabe – vom Grundsatz her – wieder dem vollen Steuersatz unterliegt. Und dann werden die Abgrenzungsfragen, die derzeit die Finanzgerichte, den BFH und den EuGH beschäftigen oder beschäftigt haben, von großer Wichtigkeit sein.
Jüngst hat der BFH geurteilt, dass die Abgabe zubereiteter Speisen im Food-Court eines Einkaufszentrums dem regulären Steuersatz unterliegt – es sei denn, der Kunde äußert die Absicht, die Speisen mitzunehmen und außerhalb des Food-Courts zu verzehren (BFH 26.8.2021, V R 42/20).
Der Kern des Problems liegt in entsprechenden Fällen darin, dass die Verzehreinrichtungen in Food-Courts grundsätzlich dem Inhaber des Einkaufszentrums oder einer Betreibergesellschaft gehören und nicht den „Speisenabgebern“. Das heißt, der Gastronom selbst erbringt keine Dienstleistungen, die über die Speisenabgabe hinausgehen und damit eine reine Lieferung – so die Ansicht der Unternehmer.
Doch so einfach darf der Sachverhalt nicht betrachtet werden. Ein Gastronom muss sich die durch die Nutzung des Food-Courts ergebenden Dienstleistungselemente nämlich dann zurechnen lassen, wenn seine Kunden aufgrund der mietvertraglichen Vereinbarungen zwischen ihm und dem Betreiber des Food-Courts einen Anspruch auf die Benutzung der entsprechenden Einrichtungen haben. Auf ein konkretes Zuweisungs-, Dispositions-, Weisungs- oder Bestimmungsrecht in Bezug auf einzelne Sitzplätze des Food-Courts und ein eigenes Besitzrecht kommt es dabei nicht an. Besteht ein mietvertragliches Recht zur Nutzung der Verzehrvorrichtungen, kann die Nutzung des Food-Courts als überwiegendes Dienstleistungselement zum Vorliegen einer sonstigen Leistung führen – so der BFH.
Die Sache wurde nun an die Vorinstanz zurückverwiesen. Das FG Düsseldorf muss noch ausreichende Feststellungen dazu treffen, ob ein Durchschnittsverbraucher erkennt, dass der Gastronom sich nicht nur auf die Abgabe der Speisen beschränkt, sondern darüberhinausgehende Dienstleistungen erbracht hat. Aber eigentlich hat sich der BFH bereits festgelegt. Um es plakativ auszudrücken: Kann sich der Kunde ein Tablett nehmen, damit seine Speisen vom Verkaufstresen abholen, sich anschließend hinsetzen, seine Speisen verzehren und zu guter Letzt davon ausgehen, dass das zurückgelassene Tablett gereinigt wird, so ist dies ein äußerst starkes Indiz dafür, dass ein Restaurationsumsatz (= voller Steuersatz) erbracht wird.
Man mag das Urteil kritisieren, doch immerhin scheint sich nun eine klare Linie in der Rechtsprechung abzuzeichnen. So hatte auch das FG München in seinem Biergarten-Urteil entschieden, dass selbst ein konkludent vereinbartes Mitbenutzungsrecht ausreichend ist, um von einem Restaurationsumsatz auszugehen (FG München, Urteil vom 26.7.2018, 14 K 2036/16).
Aber wer weiß: Wenn die Corona-Pandemie noch lange anhält, wird der ermäßigte Steuersatz für die Speisenabgabe in der Gastronomie vielleicht noch lange Bestand haben.