Privatnutzungsverbot für Dienstwagen des Gesellschafter-Geschäftsführers – BFH muss entscheiden

Kürzlich habe ich in meinem Blog-Beitrag „Ist ein Privatnutzungsverbot für den Dienstwagen des Gesellschafter-Geschäftsführers wertlos?“ das Urteil FG Köln vom 8.12.2022 vorgestellt, wonach der Beweis der ersten Anscheins selbst dann für die Nutzung eines Dienstwagens zu privaten Zwecken des Gesellschafter-Geschäftsführers spreche, wenn ein arbeitsvertragliches Privatnutzungsverbot besteht.

Dementsprechend sei eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen (FG Köln, Urteil vom 8.12.2022, 13 K 1001/19). Soweit erkennbar wurde gegen das Urteil keine Revision eingelegt.

Der BFH ist nun aber – in einem ähnlichen Verfahren – doch an der Reihe.

Zunächst zum Hintergrund:

Früher hat man sich mit den Finanzämtern oft darüber gestritten, ob ein Privatnutzungsverbot die Versteuerung eines – vermeintlichen – Privatanteils bei der Überlassung von Dienstwagen verhindert. Das BMF verfügt aber bereits seit einiger Zeit, dass ein wirksam vereinbartes Privatnutzungsverbot grundsätzlich anzuerkennen ist (vgl. BMF-Schreiben vom 4.4.2018, BStBl 2018 I S. 592). Es blieb aber die Frage offen, ob dies auch für den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH gilt. Und da wird es kompliziert, ja geradezu widersprüchlich.

Der VI. Senat des BFH, also der Lohnsteuersenat, will von der Versteuerung eines Privatanteils absehen, wenn ein arbeitsvertragliches Privatnutzungsverbot besteht. Selbst wenn dieses nicht überwacht wird, sei es nicht in Frage zu stellen (BFH-Urteil vom 8.8.2013, VI R 71/12).

Der I. Senat des BFH hingegen will sich dem – für die Beurteilung einer verdeckten Gewinnausschüttung – nicht anschließen: Überlässt eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer ein betriebliches Fahrzeug zur Nutzung, so spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass das Fahrzeug von dem Gesellschafter-Geschäftsführer tatsächlich auch für private Fahrten genutzt wird. Dies gelte auch bei einem Privatnutzungsverbot – und zwar insbesondere dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer kein Fahrtenbuch führt, keine organisatorischen Maßnahmen getroffen werden, die eine Privatnutzung des Fahrzeugs ausschließen und eine unbeschränkte Zugriffsmöglichkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers auf den Pkw besteht (BFH-Urteil vom 23.1.2008, I R 8/06, BFH-Urteil vom 17.7.2008, I R 83/07).

Ende 2022 hat das FG Köln mit o.g. Urteil im Sinne des I. Senats des BFH entschieden: Der Beweis des ersten Anscheins spricht auch dann für die Nutzung eines Dienstwagens zu privaten Zwecken des Gesellschafter-Geschäftsführers, wenn ein arbeitsvertragliches Privatnutzungsverbot besteht. Dieser Beweis des ersten Anscheins könne nur durch „harte Fakten“, etwa einem Fahrtenbuch, widerlegt werden.

Aktuelles Urteil des FG Münster

Nunmehr hat das FG Münster hat mit Urteil vom 28.4.2023 (Az. 10 K 1193/20 K,G,F) genauso wie das FG Köln entschieden. Bei einem (Allein)Gesellschafter-Geschäftsführer könne eine verdeckte Gewinnausschüttung aufgrund des Anscheinsbeweis selbst dann vorliegen kann, wenn im Anstellungsvertrag ein Privatnutzungsverbot für den Dienstwagen vereinbart wurde. Die allgemeine Lebenserfahrung spreche dafür, dass ein einem Gesellschafter-Geschäftsführer von der Gesellschaft zur Nutzung überlassenes betriebliches Fahrzeug auch privat genutzt werde. Dies gelte auch bei einem Privatnutzungsverbot, wenn keine organisatorischen Maßnahmen getroffen würden, die eine private Nutzung ausschließen.

Für den Anscheinsbeweis spreche, dass ein Privatnutzungsverbot wegen des fehlenden Interessengegensatzes keine gesellschaftsrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehe. Es könne daher nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass der Geschäftsführer sich tatsächlich an das Verbot halte.

Die Klägerin habe den Anscheinsbeweis im Übrigen nicht entkräftet. Sie habe es versäumt, Beweisvorsorge etwa durch Führung eines Fahrtenbuches oder sonstige Aufzeichnungen zu treffen.

Die Klägerin hatte zwar noch darauf verwiesen, dass im Privatvermögen Fahrzeuge zur privaten Nutzung zur Verfügung stünden. Doch damit konnte sie das FG nicht überzeugen, denn die im Privatvermögen gehaltenen Fahrzeuge seien aufgrund der geringeren Motorisierung und des niedrigeren Wertes in Status und Nutzungswert nicht mit den betrieblichen Fahrzeugen vergleichbar. Zudem habe auch die Ehefrau des Geschäftsführers die Privatfahrzeuge – etwa für Einkaufsfahrten – genutzt.

Interessant ist noch folgender Hinweis: Die verdeckte Gewinnausschüttung sei auf Ebene der Gesellschaft jedoch nicht nach der Ein-Prozent-Regelung, sondern nach Fremdvergleichsgrundsätzen zu bewerten.

Denkanstoß:

Die vom FG zugelassene Revision ist beim BFH unter dem Az. I R 33/23 anhängig. In ähnlichen Fällen sollten sich Betroffene hierauf berufen und ggf. ein Ruhen ihres eigenen Einspruchsverfahrens beantragen.

Der Einfachheit halber – und vorbehaltlich einer Entscheidung des BFH – wiederhole ich hier aber meine Empfehlung aus dem vorhergehenden Blog-Beitrag: Gesellschafter-Geschäftsführer müssen sich wohl oder übel darauf einstellen, dass die Finanzämter – bis auf Weiteres – die Rechtsprechung des FG Köln, des FG Münster bzw. des I. BFH-Senats anwenden werden. Um überhaupt eine – geringe – Chance auf Anerkennung des Privatnutzungsverbots zu haben, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Dem Geschäftsführer muss mindestens ein weiteres, wohlgemerkt gleichwertiges Fahrzeug gehören..
  2. Der Firmenwagen muss nachts, am Wochenende und in Urlaubszeiten auf dem Firmengelände geparkt werden. Und das ist nachzuweisen!
  3. Der Autoschlüssel ist abends abzugeben und zum Beispiel in einem verschlossenen Schlüsselkasten aufzubewahren – und zwar ebenfalls nachweislich.
  4. Es wird nach Möglichkeit ein Fahrtenbuch geführt.

In der Praxis sind diese Anforderungen zugegebenermaßen nur selten zu erfüllen. Spätestens wenn das Wort „Fahrtenbuchführung“ kommt, dürften viele Dienstwagennutzer wohl lieber die Versteuerung der vermeintlichen Privatnutzung in Kauf nehmen. Es bleibt zu hoffen, dass sich der I. und der VI. Senat irgendwann doch einmal „einigen“ werden.

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