Wie heißt es so schön: „Wer schreibt, der bleibt.“ Und so sind viele Steuerpflichtige immer noch hartnäckig und wollen ihre Steuererklärung – gerne auch samt Gewinnermittlung – am liebsten auf Papier abgeben. Die Urteile zu dem Thema – insbesondere zur Auslegung der Härtefallregelung – sind zahlreich. Und tatsächlich scheinen die Gerichte – von Ausnahmen abgesehen – in jüngster Zeit wieder mehr in Richtung „Zulässigkeit von Papier“ zu tendieren.
Bemerkenswert ist meines Erachtens das Urteil des BFH vom 28.10.2020 (X R 36/19), da es
a) für die betroffenen Steuerpflichtigen positiv ist,
b) enorm viele Fälle betrifft und
c) eine äußerst interessante Begründung hat.
So hat der BFH entschieden, dass eine Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung der Einkommensteuererklärung dann nicht besteht, wenn zwar einerseits gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer Fotovoltaikanlage erzielt werden, zugleich aber eine Veranlagung zur Einkommensteuer verpflichtend ist, weil beide Ehegatten Arbeitslohn bezogen haben und einer davon nach der Steuerklasse V besteuert worden ist.
Der Sachverhalt:
Die Eheleute wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide Ehepartner bezogen Arbeitslohn, wobei der Lohnsteuerabzug der Ehefrau für einen Teil des Jahres nach der Lohnsteuerklasse V bemessen wurde. Der Ehemann erzielte darüber hinaus gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer Fotovoltaikanlage, die gesondert festgestellt wurden (11.600 Euro). Die Eheleute reichten ihre Einkommensteuererklärung 2017 in Papierform beim Finanzamt ein. Daraufhin erklärte das Finanzamt, die Steuererklärung gelte als nicht abgegeben. Doch der BFH sieht die Sache anders: Die Einkommensteuererklärung könne auch in Papierform abgegeben werden.
Die Begründung in aller Kürze:
Bei Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen sind, beide Arbeitslohn bezogen haben und bei einem der beiden Ehegatten die Steuerklasse V eingetragen worden ist, besteht eine Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung. Auch besteht eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung, wenn Gewinneinkünfte von mehr als 410 Euro erzielt werden. Werden entsprechende Gewinneinkünfte erzielt, hier aus dem Betrieb der Fotovoltaikanlage, so besteht auch eine generelle Pflicht zur digitalen Übermittlung der Steuererklärung. Doch tritt die Voraussetzung „Gewinneinkünfte“ mit der Voraussetzung „Steuerklasse V“ zusammen, so sieht die – sprachlich sehr verunglückte Vorschrift des § 25 Abs. 4 EStG – keine zwingende elektronische Abgabe vor.
Hinweis:
Das Urteil des BFH gilt zunächst „nur“ für die digitale Übermittlung der Steuererklärung, nicht aber für die zusätzlich erforderliche Übermittlung der Anlage EÜR oder gar einer Bilanz. Doch Unterstützung kommt insoweit vom FG Münster. Dieses hat jüngst entschieden, dass auch eine Bilanz beim Finanzamt in Papierform eingereicht werden darf, wenn die Schaffung der Technik für eine Datenfernübertragung finanziell zu aufwendig wäre (Urteil vom 28.1.2021, 5 K 436/20 AO).
Im Streitjahr 2015 betrugen der Umsatz der Klägerin immerhin rund 70.000 Euro und der Gewinn ca. 300 Euro. Dennoch habe die Klägerin habe einen Anspruch darauf, dass das Finanzamt auf eine elektronische Übermittlung der Bilanz verzichtet. Es liege wirtschaftlich eine unbillige Härte vor („Härtefallregelung nach § 5b Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 150 Abs. 8 AO“).
Es soll nicht verschwiegen werden, dass die Finanzgerichte uneinheitlich urteilen. So hat das Schleswig-Holsteinische FG kürzlich entschieden, dass keine unbillige Härte vorliegt, wenn lediglich der Zeitaufwand für die Einarbeitung in ein EDV-Programm gescheut wird, der Steuerzahler aber über einen Computer mit Internetanschluss verfügt wird (Urteil vom 9.9.2020, 3 K 6/20). Doch auch hier ist der BFH in der nunmehr vorliegenden Revision gefragt (Az. XI R 29/20).