Wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die einem Steuerpflichtigen durch die Pflege einer Person erwachsen, kann er einen Pflegepauschbetrag geltend machen. Dies ist in § 33b Abs. 6 EStG geregelt. Die Gerichte haben aber – nunmehr wiederholt – verlangt, dass die von der Pflegeperson erbrachte Pflegedauer mindestens zehn Prozent des gesamten pflegerischen Zeitaufwandes betragen muss.
In diesem Sinne haben zuletzt das FG Düsseldorf (Urteil vom 13.11.2017, 15 K 3228/16 E) und das Sächsische FG (Urteil vom 24.1.2024, 2 K 936/23) entschieden. Schon vor längerer Zeit hatte das FG München entsprechend geurteilt (Urteil vom 14.2.1995, 16 K 2261/94).
Exemplarisch hier kurz der Sachverhalt des Urteils aus Sachsen:
Der Sohn besuchte seine pflegebedürftige Mutter fünfmal im Jahr für mehrere Tage in einer Einrichtung des betreuten Wohnens und half in dieser Zeit bei der Körperpflege, beim An- und Ausziehen, bei den Mahlzeiten und beim Verlassen der Wohnung. Außerdem unterstützte er seine Mutter in organisatorischen Dingen. Das Finanzamt versagte ihm einen Pflegepauschbetrag von 1.100 Euro (Jahr 2022; Pflegegrad 3), weil die Pflege nicht über das bei Familienbesuchen Übliche hinausgehe. Das FG stimmte das Finanzamt zu.
Begründung:
Für die Inanspruchnahme des Pflegepauschbetrages müsse die Pflegedauer mindestens zehn Prozent des pflegerischen Zeitaufwandes betragen, um einen Abzug als außergewöhnliche Belastung zu rechtfertigen. Andernfalls könnten in vielen Fällen Familienbesuche, die mit Hilfeleistungen im Haushalt verbunden seien, als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Dies sei nicht Intention des Gesetzgebers (Quelle: Sächsisches FG, Pressemitteilung vom 15.3.2024).
Denkanstoß:
Das Sächsische FG hat die Revision zugelassen. Ob diese tatsächlich eingelegt worden ist, ist mir leider nicht bekannt. Es wäre aber wünschenswert, denn der BFH hat die Frage, ob ein bestimmter Umfang an Pflegeleistungen erforderlich ist, in seinem Urteil vom 4.9.2019 (VI R 52/17, BStBl 2020 II S. 97) offen gelassen.
Ich persönlich halte die Zehn-Prozent-Grenze für nicht gerechtfertigt. Denn wenn man tatsächlich davon ausgeht, dass die Pflegedauer mindestens zehn Prozent des gesamten pflegerischen Zeitaufwandes betragen muss, müsste auch der Pflegepauschbetrag angemessen sein. Soll heißen: Selbst bei Pflegegrad 4 oder 5 beträgt der Pauschbetrag nur 1.800 Euro. Damit sollen die außergewöhnlichen Belastungen, die einem Steuerpflichtigen durch die Pflege einer Person erwachsen, abgegolten sein. Das wäre aber – bei einem Pflegeaufwand von mindestens zehn Prozent – lächerlich wenig und stünde in keinem Verhältnis.