Die Steuerpolitik spielt auch im Wahlkampf zur vorgezogenen Bundestagswahl am 23.02.2025 eine hervorgehobene Rolle. In einer Artikelserie arbeiten wir die wesentlichen Aussagen der Parteien hierzu heraus. Dabei beschränken wir uns auf die Parteien, die eine realistische Chance auf den Einzug in den 21. Deutschen Bundestag haben. Dieser abschließende Beitrag fasst als eine Art Lumpensammler all jene steuerlichen Forderungen zusammenfassen, die nicht in das Raster der ersten fünf Artikel gepasst haben.
Wahlprogramme im Allgemeinen und insbesondere auch deren steuerpolitische Kapitel sind üblicherweise ernste Angelegenheiten. Es geht um das Geld der Bürger und Unternehmen, um Umverteilung von oben nach unten („Milliardäre abschaffen!“, Die Linke) sowie gelegentlich auch in die andere Richtung, um die Förderung der Wirtschaft oder das Abkassieren derselben, um die Klimaweltrettung, mindestens aber um die Vermeidung von Plastikmüll. Nach all diesen schweren Themen, die uns durch die ersten fünf Teile begleitet haben, soll an dieser Stelle zunächst eine Lanze für die Akteure der Steuerpolitik gebrochen werden: Sie meinen es nur gut mit uns! Dass Steuerpolitikerinnen und Steuerpolitiker auch nur Menschen sind, erkannt man insbesondere daran, dass sie ernsthaft um unser leibliches Wohl besorgt sind.
Vorneweg marschiert mit der Forderung nach einer Abschaffung der Biersteuer – nein, nicht die CSU – die FDP, die bei der Gelegenheit auch gleich die Kaffeesteuer entsorgen will. Als eine Art Appetitanreger für unentschlossene Wähler sehen die Parteien daneben offenbar die Umsatzsteuer, die ansonsten im Verhältnis zu ihrer enormen fiskalischen Bedeutung eine eher untergeordnete Bedeutung in den Wahlprogrammen spielt. So blasen neben den Liberalen auch CSU (Schweinsbraten!) und CDU sowie die AfD ins gleiche Alphorn und wollen die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie wieder auf 7 % senken. Der Erkenntnis, dass (Wähler-)Liebe durch den Magen geht, können sich auch SPD, Linke und das BSW nicht verweigern. Bei ihnen soll es immerhin eine auf 5 % ermäßigte USt auf Lebensmittel (SPD) oder gar vollkommen umsatzsteuerfreie Grundnahrungsmittel (BSW und Linke) geben. Wobei nicht ersichtlich ist, ob nach dem Willen von BSW und der Linken – zumindest in Bayern – auch Bier als Grundnahrungsmittel umsatzsteuerfrei wäre, was womöglich völlig neue Koalitionsoptionen eröffnen könnte.
Die Grünen geben sich in dieser Hinsicht – nicht ganz überraschend – puritanisch. In ihrem Wahlprogramm sprechen sie verklausuliert ihre Unterstützung für die Vorschläge des „Bürgerrats Ernährung im Wandel“ aus. Schlägt man dort nach, findet man die Forderung, Zucker steuerlich den Status als Grundnahrungsmittel zu entziehen und fortan 19 % statt 7 % Umsatzsteuer darauf zu erheben. Ähnliches findet sich bei der SPD. Geht es nach den Sozialdemokraten, soll es künftig eine Herstellerabgabe für zuckerhaltige Getränke geben. Dabei hatten wir die Zuckersteuer erst 1993 aus Vereinfachungsgründen abgeschafft.
Ein großes Thema in den Wahlprogrammen ist der Bürokratieabbau, leider in meist recht allgemein gehaltenen Formulierungen. Bezieht man nur solche Aussagen in die Betrachtung ein, die zweifelsfrei auf den Abbau von Steuerbürokratie abzielen, wird der Umfang der konkreten Forderungen überschaubar. Grundsätzlich bekennen sich Union, SPD, Grüne und FDP zu einer stärkeren Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens. Die Grünen wollen eine „Deutschland-App“ erschaffen, mit der schrittweise sämtliche Verwaltungsangebote wahrgenommen werden können, darunter explizit auch die Abgabe von Steuererklärungen. Die FDP bekennt sich zum „Once-only“-Prinzip. Der Steuerpflichtige soll Daten nur einmal an eine Behörde geben, die verwaltungsinterne Weiterverteilung ist dann Sache der Behörden. Zustände wie bei der jüngsten Grundsteuer-Hauptfeststellung, für die der genervte Häuslebauer die Daten aus seinem vor Jahren eingereichten Bauantrag nochmals in ELSTER eintippen musste, wären dann Vergangenheit.
Abschließend eine Ergänzung zur Finanzierung der Wahlversprechen, denn ein Staatshaushalt bildet letztlich politische Prioritäten in Zahlen ab: Im ersten Teil der Artikelserie ging es u.a. um die durchaus kritikwürdige, aber nachvollziehbare Weigerung der Parteien, die jeweils geplanten steuerlichen Entlastungen mit einem „Preisschild“ zu versehen. Löbliche Ausnahme ist die Linke, die mittlerweile einen übersichtlichen Flyer mit den Aufkommenswirkungen des eigenen Programms zur Verfügung stellt. Und der hat es in sich: In Summe will die Linke mit diversen Steuererhöhungen inkl. dem Abbau steuerlicher Subventionen und abzüglich Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen (ESt) sowie für Grundnahrungsmittel und Hygieneprodukte (USt) sage und schreibe 283 Mrd. Euro Mehreinnahmen erzielen. Auch wenn der Flyer nicht ganz eindeutig ist, sind damit wohl jährliche Mehreinnahmen gemeint. Zum Vergleich: Das entspricht knapp 60 % des gesamten Bundeshaushalts 2024 oder gut 75 % der gesamten Steuereinnahmen des Bundes im Jahr 2024. Da kann wirklich keiner sagen, er hätte es vorher nicht gewusst.
Alles zusammengenommen bieten die Parteiprogramme ein breites Spektrum steuerpolitischer Ideen, die dem Wähler echte Alternativen bieten. Für den steuerpolitisch interessierten Wähler dürfte am 23.02.2025 der Gang in die Wahlkabine daher fest eingeplant sein.
Zu den weiteren Teilen:
- Parteien zur Wahl (Teil 5) – Klima-, Energie- und Umweltsteuern
- Parteien zur Wahl (Teil 4) – vermögensbezogene Steuern
- Parteien zur Wahl (Teil 3) – Unternehmensbesteuerung
- Parteien zur Wahl (Teil 2) – Einkommensteuerliche Änderungen für natürliche Personen
- Parteien zur Wahl (Teil 1) – Einkommensteuertarif und Solidaritätszuschlag