Parteien zur Wahl (Teil 1) – Einkommensteuertarif und Solidaritätszuschlag

Die Steuerpolitik spielt auch im Wahlkampf zur vorgezogenen Bundestagswahl am 23.02.2025 eine hervorgehobene Rolle. In einer Artikelserie arbeiten wir die wesentlichen Aussagen der Parteien hierzu heraus. Dabei beschränken wir uns auf die Parteien, die eine realistische Chance auf den Einzug in den 21. Deutschen Bundestag haben. In dieser Folge geht es um den Einkommensteuertarif und den Solidaritätszuschlag für natürliche Personen.

Wie in den vergangenen Wahlkämpfen präsentieren die Parteien teils detaillierte Pläne zum Einkommensteuertarif. Das bietet sich politisch schon deshalb an, weil weite Teile der Öffentlichkeit sehr stark auf den Steuersatz bzw. Steuertarif fokussieren und sich dieser auch medial eingängiger visualisieren lässt als fachliche Details der Bemessungsgrundlage.

Beim Tarif plant die Union eine Reform, die ab dem 01.01.2026 in vier Schritten umgesetzt werden soll. Zur Tarifgestaltung belässt es das Wahlprogramm bei eher unkonkreten Umschreibungen und spricht von einer spürbaren Abflachung des Einkommensteuertarifs, einer Erhöhung des Grundfreibetrags sowie der deutlichen Anhebung der Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz. Zumindest zu diesem letzten Punkt fügt der CDU-Parteivorstand in einer „Agenda 2030“ hinzu, dass der Spitzensteuersatz (gemeint sind offenbar die 42 Prozent) ab 80.000 Euro greifen soll.

Auch die SPD bleibt in ihrem Wahlprogramm zunächst unkonkret und spricht von einer Entlastung von etwa 95 Prozent der Einkommensteuerpflichtigen sowie einer stärkeren Belastung von Spitzeneinkommen. Zumindest der Presse haben die Genossen aber Mitte Januar anscheinend weitere Infos zugesteckt. Demnach soll der Spitzensteuersatz auf 45 Prozent steigen und ab 93.000 angewendet werden. Auch der Reichensteuersatz steigt auf 47 Prozent, soll aber unverändert ab ca. 278.000 Euro greifen. Worin die Entlastungen für die 95 Prozent genau bestehen sollen und wie umfangreich diese ausfallen, wird vor der Wahl anscheinend nicht im Detail bekannt gegeben.

Erwartungsgemäß etwas sportlicher geht die FDP zu Werke. Geht es nach den Liberalen, soll der Grundfreibetrag um mind. 1.000 Euro steigen und der sog. Mittelstandsbauch vollständig beseitigt werden. Dies soll bedeuten, dass der etwas steilere Anstieg des Grenzsteuersatzes vom Eingangssteuersatz (14 Prozent) bis zum nächsten Tarifeckwert bei aktuell 17 443 Euro entfällt, der Tarif (Grenzsteuersatz) vom Eingangssteuersatz bis zum Spitzensteuersatz also eine Gerade darstellen soll. Diese Gerade wäre laut FPD auch deutlich flacher als heutzutage, da der Spitzensteuersatz erst bei 96.600 Euro greifen soll. Dieser auf den ersten Blick krumme Wert ergibt sich aus der Übernahme der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung im Jahre 2025.

Auch das BSW will zumindest jene Bürger, die bis zu 7.500 Euro (wohl monatlich) verdienen, einkommensteuerlich entlasten. Dazu soll der Grundfreibetrag deutlich steigen und sich am Mindestlohneinkommen orientieren. Beim aktuellen Mindestlohn von 12,82 Euro/h und 38h Wochenarbeitszeit wären dies immerhin gut 25.000 Euro. Zum Spitzensteuersatz heißt es beim BSW, dieser sollte mittlere Einkommen verschonen und erst bei sehr hohen Einkommen einsetzen.

Sehr viel konkreter und auch teurer für die Steuerzahler wird es bei der Linken. Die bekennende sozialistische Partei gibt sich zunächst großzügig und will den Grundfreibetrag auf 16.800 Euro erhöhen. Doch danach kommt es dicke: Ab 70.000 Euro soll der Staat 53 Prozent kassieren, oberhalb 260.533 Euro gar 60 Prozent und wer es wagt, mehr als 1 Mio. Euro zu verdienen, soll für diesen Einkommensteil stattliche 75 Prozent beim Fiskus abliefern.

Die AfD will den Grundfreibetrag auf 15.000 Euro erhöhen und linear-progressiven Tarif auf einen Stufentarif umstellen, allerdings ohne sich zu Stufengrenzen zu äußern. Zu den Steuersätzen heißt es, diese sollten sinken, ergänzt um die etwas kryptische Aussage „im Gegenzug ebenso die Abschreibungsmöglichkeiten für ‚Steuersparmodelle‘“.

Offenbar keine Lust auf eine Tarifreform haben einzig die Grünen. Mehr als die Ankündigung eines erhöhten Grundfreibetrags enthält das Wahlprogramm nicht.

Union und FDP wollen überdies den Ausgleich der kalten Progression (Inflationsanpassung) gesetzlich festschreiben und hierbei grundsätzlich auch Freibeträge u.ä. einbeziehen, wobei bei den Freibeträgen auch die AfD dabei wäre. Während die Parteien also teils sehr konkrete Forderungen vorlegen, wie ein neuer Einkommensteuertarif aussehen sollte, hüllen sie sich über die Effekte auf das Steuermehraufkommen in Schweigen (mit Ausnahme der Linken, die viele Milliarden Mehreinnahmen aus diversen Steuererhöhungen verspricht). Dies mag man kritisieren, allerdings würde man die Parteien wohl auch überfordern, derartige Zahlen bereitzustellen. Und solange die anderen es nicht machen, wird jede Partei „unnötige“ Konkretisierungen scheuen, die immer auch potenzielle Angriffspunkte der Konkurrenz sind. Glücklicherweise gibt es Andere, z.B. Wirtschaftsforschungsinstitute, die diese Lücke ausfüllen und dem steuerpolitisch Interessierten Aufkommensschätzungen zu den Wahlprogrammen an die Hand geben.

Ein klares Preisschild enthält dagegen die Positionierung der Parteien zum Solidaritätszuschlag. Dieser brachte dem Staat im Jahr 2023 ganze 12,2 Mrd. Euro, worauf der Fiskus nach Ansicht von Union, FDP und AfD künftig verzichten soll, während SPD und Linke den Soli beibehalten wollen. Die Grünen ergänzen an dieser Stelle teilweise die fehlenden Aussagen zum Einkommensteuertarif mit der Ankündigung, den Soli in den Einkommensteuertarif zu integrieren.

Was die Parteien sonst noch mit der Einkommensteuer vorhaben, erfahren Sie im nächsten Teil der Serie.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

+ 58 = 68