Bürokratieabbau: Einigkeit über die Uneinigkeit im Bundestag

Am 21.10.2023 haben die Unionsfraktionen einen (weiteren) Antrag zum Bürokratieabbau im Bundestag eingebracht; die Ampelregierung verweist auf ihre Ankündigung für das größte Bürokratieentlastungspaket in der Geschichte der Bundesrepublik. Wann aber liefert die Politik endlich Konkretes?

Hintergrund

Ordnungsrechtliche Anzeige- und Genehmigungserfordernisse, Handels- und steuerrechtliche Dokumentations-, Anzeige- und Aufbewahrungspflichten: Im Urteil der deutschen Unternehmen stellen neben dem Fachkräftemangel, dem zwischenzeitlichen Energiepreisanstieg vor allem die Bürokratiekostenbelastung eines der größten Wachstumshemmnisse dar. Von 2005 bis 2021 gab es drei Mittelstandsentlastungsgesetze, jetzt sollen endlich weitere Entlastungen folgen.

Viel Aktionismus, wenig Konkretes bislang im Bundestag

„Überbordende Bürokratie, Regelungssucht und mangelnde Flexibilität gefährden nicht nur den Wirtschafts- und Innovationsstandort Deutschland, sondern auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Handlungs- und Leistungsfähigkeit unseres Staates“, heißt es zur Begründung im jüngsten CDU-/CSU-Antrag (BT-Drs. 20/8856), mit dem die Union eine umfassende „Agenda für Bürokratieabbau und bessere Rechtssetzung“ fordert. Diese Überzeugung wird niemand in Frage stellen, auch nicht im Bundestag. Aber was konkret fordert die Union? Folgende Eckpunkte lassen sich ausmachen:

  • Die Forderung nach einer „selbstbeschränkenden Bürokratiebremse“, „die eine sofortige Rücknahme neuer gesetzlicher oder untergesetzlicher Bürokratiebelastungen bewirkt, wenn eine bestimmte Bürokratiequote überschritten wird“.
  • Die „One in, one out“-Regelung soll zu einer „One in, two out“-Regelung werden, „die künftig auch den einmaligen Erfüllungsaufwand (Umstellungsaufwand) berücksichtigt und nicht durch Ausnahmen, etwa bei der Anwendung und Umsetzung von Europarecht, ausgehöhlt wird“. Die Regelung besagt, dass bei Neuregelungen, die zu einer Erhöhung des laufenden Erfüllungsaufwand führen, zeitnah dafür Sorge getragen werden muss, dass dieser Aufwand wieder reduziert wird.
  • Bei europarechtlichen Vorgaben verlangt die Union ein „klares Bekenntnis zur 1:1 Umsetzung“, zudem soll sich die Bundesregierung nach Willen der Abgeordneten auf EU-Ebene für ein „Bürokratiestopp und Belastungsmoratorium“ einsetzen.
  • Auf institutioneller Ebene wird vorgeschlagen, im Bundestag einen Ausschuss für Bürokratieabbau und Gesetzesevaluierung als ständigen Ausschuss einzusetzen.

Aber ist das für Bürger und Wirtschaft alles „anfassbar“, ist das ausreichend konkret? Von 2005 bis 2021 hat es die damalige Bundesregierung immerhin geschafft, drei Mittelstandsentlastungsgesetze (MEG I-III) auf den Weg zu bringen, die mit dem Abbau von Anzeige- und Dokumentationspflichten, Anhebung von Schwellenwerten im Steuerrecht und weiteren ganz konkreten Maßnahmen zu einem Entlastungsvolumen in Milliardenhöhe für die Wirtschaft geführt haben.

Wann endlich kommt das BEG IV?

Die Regierungsampel will ihre Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag für einen spürbaren Bürokratieabbau auch zeitnah umsetzen. Mehr als ein „Eckpunktepapier“ des federführenden Bundesjustizministeriums (BMJ) hat das Kabinett seit dem 30.8.2023 aber auch noch nicht vorgestellt, obwohl ein konkreter Referentenentwurf „noch in diesem Jahr“ vorliegen soll. Das Vorhaben ist ambitioniert und soll den Bürokratiekostenbelastungsindex auf den niedrigsten Stand seit seiner Einführung reduzieren. „Nicht an den Worten, sondern an den Taten sollt ihr sie messen“ – wir warten also gespannt, wann den Worten Taten folgen.

Weitere Informationen:

NWB Online-Nachricht: Gesetzgebung | Eckpunkte für ein Bürokratieentlastungsgesetz beschlossen

CDU-/CSU-Antrag BT-Drs.20/8856

Drum prüfe, wenn das Finanzamt Dich ewig bindet

Wird ein Grundstück von geringem Wert auf ein Kind übertragen, muss aufgrund des Freibetrages von 400.000 Euro eigentlich keine Schenkungsteuer gezahlt werden. Allerdings wird der Freibetrag für alle Schenkungen innerhalb von zehn Jahren nur einmal gewährt. Wird er zusammen mit einer weiteren Schenkung überschritten, so entsteht Schenkungsteuer.

Was dabei möglicherweise nicht beachtet wird: Der anlässlich der ersten Schenkung festgestellte Wert des Grundbesitzes behält seine Gültigkeit auf immer und ewig, wenn der Bescheid bestandskräftig geworden ist. Das heißt: Ist der Grundstückswert – aus welchen Gründen auch immer – seinerzeit zu hoch festgesetzt worden und nur deshalb bestandskräftig geworden, weil der Adressat meinte, er habe aufgrund des hohen Freibetrages ohnehin keine Auswirkung, so kann die fehlende Prüfung bzw. Anfechtung des ursprünglichen Bescheids dazu führen, dass nun wegen der zweiten Schenkung eine (viel) zu hohe Schenkungsteuer festgesetzt wird. Weiterlesen

Ehegattensplitting: Keine Abschaffung in greifbarer Nähe!

Immer wieder ist das Ehegattensplitting Gegenstand heftiger Diskurse und Diskussionen – auch in der Politik. Könnte es in naher Zukunft zu einer Abschaffung kommen? Ich bin da negativ gestimmt.

Fast in jede Legislaturperiode führen sachkundige Politiker in langen, oftmals schwierigen Debatten eine Diskussion über das Ehegattensplitting. Auch kürzlich wurde das beliebte Thema wieder einmal aufgegriffen und aus der Schublade gezogen: So schlug eine Handvoll Politiker der SPD eine Abschaffung vor. Der SPD-Chef Lars Klingbeil machte dieses Mal den ersten Schritt. Auslöser war der Streit um die geplante Kürzung beim Elterngeld. In der sich anschließenden Debatte um Familienförderung und Gleichstellung meldete sich Klingbeil deutlich zu Wort und schlug vor, statt am Elterngeld zu sparen, das Ehegattensplitting für neue Ehen zu streichen. Im Koalitionsvertrag sei diese Idee bereits angelegt.

Das Skript in diesen Diskussionen ist dann oft vorgegeben: Weiterlesen

„Alte“ Lebensversicherungen mit Rentenwahlrecht steuerfrei?

Der heutige Sachverhalt könnte möglicherweise Millionen Steuerpflichtige betreffen, ist aber seltsamerweise irgendwie „versandet“ und aus dem Blickpunkt der Steueröffentlichkeit verschwunden:

Es geht um die steuerliche Behandlung von inländischen privaten Leibrenten, die auf begünstigten Versicherungsverträgen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 b EStG 2004 beruhen, nach Inkrafttreten des AltEinkG am 01.01.2005.

Betroffen sind solche Lebensversicherungen auf den Erlebensfall, die vor dem 31.12.2004 abgeschlossen wurden und eine Laufzeit von mindestens zwölf Jahren hatten, bei denen ein Rentenwahlrecht ausgeübt wurde (bzw. vom Kapitalwahlrecht kein Gebrauch gemacht wurde). Der Sonderausgabenabzug i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 b EStG 2004 musste möglich sein. Diese begünstigten Lebensversicherungen werden hier als „alte“ bezeichnet.

Rechtslage vor und nach Inkrafttreten des AltEinkG

Die Bezüge aus begünstigten „alten“ Lebensversicherungen waren bis zum 31.12.2004 nach § 20 Abs. 1 Nr. EStG 2004 steuerfrei, und zwar unabhängig von der Art der Auszahlung (Einmalzahlung oder Leibrente).

Ab Veranlagungszeitraum 2005 wurde differenziert: Wurde das Kapitalwahlrecht ausgeübt, so war die Einmalzahlung weiterhin steuerfrei nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG. Die Bezüge aus einer Leibrente gehörten jetzt jedoch zu den sonstigen Einkünften i.S.d. § 22 Nr. 1 S. 3 a) bb) EStG und wurden mit dem Ertragsanteil der Besteuerung unterworfen. Ab Kalenderjahr 2009 sind die Versicherungsgesellschaften zur elektronischen Übermittlung der Rentenbezüge und ihrer steuerlichen Einordnung an die Finanzbehörde verpflichtet (§ 22a EStG). Diese Meldungen stellen zwar keine Grundlagenbescheide dar, praktisch erfolgt die Veranlagung aber ohne nähere Prüfung entsprechend der Datenübermittlung.

Das BMF vertritt die Auffassung (BMF-Schreiben vom 01.10.2009 (BStBl 2009 I S. 1172), geändert durch BMF-Schreiben vom 29.09.2017 (BStBl 2017 I S. 1314), dass die Bezüge aus solchen „alten“ Lebensversicherungen (wenn also das Rentenwahlrecht ausgeübt wurde) zu den Einnahmen i.S.d. § 22 Nr. S 3 a) bb) EStG zählen und mit den dort genannten Ertragsanteilen zu besteuern sind.

Zutreffend ist dabei, dass eine Besteuerung mit den Besteuerungsanteilen des § 22 Nr. 1 S. § a) aa) EStG nicht in Frage kommt.

BFH-Urteil vom 29.09.2021 (VIII R 4/18)

Der BFH bestätigte das Urteil der Vorinstanz (FG Baden-Württemberg vom 16.10.2017, 5 K 1605/16). Danach fallen nicht nur Einmalauszahlungen, sondern auch Leibrenten aus begünstigten „alten“ Lebensversicherungen unter die Steuerfreiheit des § 20 Abs. 1 Nr. EStG 2004, und gehören nicht zu den sonstigen Einkünften. Weiterlesen

Steuerfreie Zuschläge für Nachtarbeit: Aufzeichnungen sind kein Selbstzweck

§ 3b EStG regelt die Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit (SFN-Zuschläge). Klar ist, dass der Arbeitgeber nachweisen muss, dass der jeweilige Arbeitnehmer tatsächlich am Sonntag, einem Feiertag oder nachts gearbeitet hat, um in den Genuss der Steuerfreiheit zu kommen. Das ist letztlich Ausfluss der allgemeinen Beweisregeln. Doch wie so oft sind auch beim Thema „SFN-Zuschläge“ im Laufe der Jahre immer mehr fiktive Tatbestandsmerkmale „erfunden“ worden, die § 3b EStG „ausschmücken“. Sprich: Der Arbeitgeber soll Anforderungen erfüllen müssen, deren Grundlage sich in keinem Gesetz findet.

Glücklicherweise haben die Richter des Schleswig-Holsteinischen FG das Gesetz genau gelesen und entschieden, dass es für die Steuerfreiheit der SFN-Zuschläge unschädlich ist, wenn die Aufzeichnungen des Arbeitgebers keine genaue Anfangszeit und Schlusszeit der jeweiligen Nachtarbeit enthalten, sofern die Ableistung der Nachtarbeit unstreitig ist (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 9.11.2022, 4 K 145/20). O-Ton des Gerichts: „Denn die Aufzeichnungen erfüllen keinen Selbstzweck, sondern dienen allein der richtigen Anwendung der steuerlichen Vorschriften im konkreten Einzelfall.“ Weiterlesen

Signa Holding – Warum der Verlust „nur“ eine halbe Milliarde beträgt

Kurzanalyse der Zahlen des Jahres 2022

Bei Signa geht es derzeit turbulent zu: Insolvenzen, unzufriedene Investoren, hohe Verluste. Die Pressemeldungen haben in den letzten zwei Wochen deutlich an Fahrt aufgenommen. An aktuelle Zahlen der Signa Holding zu kommen, ist schwierig. In der Presse wurde teilweise aus Investorenunterlagen zitiert. Alles schön und gut: Jahresabschlüsse finde ich aussagekräftiger. Denn diese unterliegen gesetzlichen Regelungen. Schließlich wollen Investoren überzeugt werden mit positiven Infos trotz des Erdbebens am Immobilienmarkt.

Das Wiener Nachrichtenmagazin „News“ hat einen kurzen Auszug des Abschlusses von 2022 veröffentlicht. Stimmt. Die Zahlen sind fast schon ein Jahr alt – aber immerhin aktueller als Abschlüsse, die man über das österreichische Firmenbuch, dem Pendant zum deutschen Bundesanzeiger, erhält.

Wieso die Signa Holding einen Verlust in Höhe von einer halben Milliarde ausweist

Die Zahlen sind nicht sehr umfangreich, doch besser als nichts: Laut der veröffentlichten Gewinn- und Verlustrechnung 2022 erzielte die Signa Holding einen Verlust in Höhe von einer halben Milliarde Euro. Doch ein genauer Blick zeigt: Der Verlust hätte auch deutlich höher sein können.

Hier eine kurze Analyse einiger Punkte: Weiterlesen

Update: Mindeststeuergesetz im parlamentarischen Verfahren – Verbände fordern Nachbesserung

Am 11.10.2023 hat der Bundestag in erster Lesung das sog. Mindeststeuergesetz (BT-Drs. 20/8668) beraten, am 16.10.2023 haben die Wirtschaftsverbände im Rahmen der Expertenanhörung Nachbesserungen gefordert.

Hintergrund

Ich habe im Blog bereits berichtet: Mit der Einführung einer globalen Mindeststeuergesetz soll die Besteuerung großer, international operierender Konzerne, die gern in Steueroasen flüchten, gerechter werden. Der von der Bundesregierung am 11.10.2023 im Bundestag eingebrachte Gesetzentwurf (BT-Drs. 20/8668) enthält deshalb in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates vom 15.12.2022 zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union (ABl. L 328 vom 22. 12.2022, S.1, berichtigt in ABl. L 13 vom 16.1.2023, S.9 – Mindestbesteuerungsrichtlinie – MinBestRL), alle notwendigen Elemente für die Anwendung der Nachversteuerungsvorschriften ab dem 31.12.2023 in einem neu eingeführten Mindeststeuergesetz (MinStG).

Wirtschaftsverbände fordern weitere Verbesserungen am Gesetzentwurf

Im Rahmen der Anhörung am 16.10.2023 diskutierten die Sachverständigen kontrovers vor allem zu der Frage, ob mit der Einführung der Regeln zur globalen Mindeststeuer in Deutschland andere Regeln im Steuerrecht vereinfacht oder abgeschafft werden sollten mit Blick auf die Komplexität des Steuerrechts insgesamt. Insbesondere stelle sich die Frage, ob die bisherige Hinzurechnungsbesteuerung trotz der globalen Mindeststeuer beibehalten werden solle oder künftig entbehrlich sei. Weiterlesen

Riester: Ab 2024 wird es einfacher – aber nur für die Finanzverwaltung

Über Sinn und Unsinn des Riester-Sparens ist schon viel geschrieben worden. Ich kann dazu nur sagen: Wenn es – wie aktuell – eines Schreibens des BMF von 129 Seiten mit 231 Randziffern bedarf, um Riester zu erläutern und zu Zweifelsfragen Stellung zu nehmen, dann läuft irgendetwas falsch (BMF-Schreiben vom 5.10.2023, IV C 3 – S 2015/22/10001 :001/NWB Online-Nachricht). Unabhängig von der Frage, ob „Riestern“ wirtschaftlich sinnvoll ist: Es ist zu kompliziert!

Auch die Finanzverwaltung hat erkannt, dass es zu kompliziert ist und sorgt für eine Vereinfachung – allerdings nur für sich selbst und nicht für die Riester-Sparer. Genau genommen ist es der Gesetzgeber, der für die Vereinfachung sorgt, aber man darf wohl ausgehen, dass er nur einem „Wunsch“ der Finanzverwaltung nachgekommen ist. Für Riester-Sparer wird die Vereinfachung übrigens zur echten verfahrensrechtlichen Falle. Weiterlesen

Wachstumschancengesetz: Wachstum und Spitzengruppe oder Stagnation und Mittelmaß

Die hitzigen Debatten im Bundestag am 13.10.2023 und im Bundesrat am 20.10.2023 zeigen: Das Wachstumschancengesetz wird zum Lackmustest, ob die deutsche Wirtschaft weiterhin in der Stagnation gefangen bleibt oder sich ein mutiges Wachstumssignal für neue internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft durchsetzt.

Hintergrund

Ich hatte bereits im Blog informiert: Mit einem jährlichen Entlastungsvolumen von rund 7 Mrd. Euro bis 2028 plant die Bundesregierung Deutschland auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft weiter voranzubringen und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts zu stärken. Eckpunkte sind dabei: Weiterlesen

Vorrang der verdeckten Gewinnausschüttung gegenüber der objektiv richtigen Bilanz? (Teil 2)

Zum Einstieg in den zweiten Teil dieses Beitrags hier nochmal die Einleitung aus Teil 1:

„Vom unklaren Denken zur Besteuerung nach Gutdünken“. Unter dieser Schlagzeile hat Bareis schon im Jahr 2005 eine systemgerechte Gewinnermittlung angemahnt (und sich insbesondere gegen die von Wassermeyer entwickelte Forderung nach einer Zusatzrechnung außerhalb der Bilanz gewandt (Bareis, DB 2010, 2637 versus Wassermeyer, DB 2010, 1959).

Auslegung contra legem

Auch vom Wortsinn ist die seit 1989 geläufige Definition der vGA nicht gedeckt. Die vom reinen Wortlaut des Gesetzes geforderte „Ausschüttung“, ob sie nun in offener oder verdeckter Form geschieht, setzt voraus, dass bei der ausschüttenden Kapital-gesellschaft ein Vermögensabgang und beim empfangenden Gesellschafter ein Ver-mögenszugang erfolgt (siehe Forschungsgruppe Viadrina, BB 1996, 2436; 2437).

Dementsprechend bemängelt Weber-Grellet an der richterlichen Definition der vGA, sie sei insoweit zu eng, als sie auch Kapitalherabsetzungen erfasse, zu weit insofern, als es auch verdeckte Ausschüttungen gebe, die noch nicht zu einer Ausschüttung geführt hätten (Weber-Grellet, BB 2014, 2263). Wer freilich die Ergebnisverwendung mit der Ergebnisermittlung verwechselt, bewegt sich nicht auf dem Boden des Gesetzes (siehe Haase/Geils, DStR 2018, 445). Die Rechtsprechung zur vGA steht daher schon lange im Verdacht, sie setze sich selbstherrlich über das Gesetz hinweg (so bereits Senger, DStR 1997, 1830). Gegen seinen Wortlaut ist die Auslegung eines Gesetzes nur dann ausnahmsweise möglich, wenn die wortgetreue Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führt, das vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein kann (siehe FG Köln v. 13.2.2014, 6 K 2745/10). Weiterlesen